«Die Schweiz hat viele Freunde – unter ihnen auch die Kanzlerin» (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Aber: Freunde müssten sich auch mal unangenehme Dinge sagen können, meint Volker Kauder, Chef der CDU/CSU-Fraktion im deutschen Parlament. Unser Land verfolge zu oft nur seine eigenen Interessen.

Auszug:

Herr Kauder, die Schweiz steht derzeit unter europäischem Druck. Brüssel verlangt, dass Bern EU-Gesetze automatisch übernimmt. Unterstützen Sie diese Forderung?
Ich glaube schon, dass die derzeitige Form der Übernahme von EU-Recht ihre Grenzen hat. Das ist doch ein mühsamer Prozess, jede EU-Richtlinie oder Verordnung einzeln umzusetzen. Ein Automatismus wäre sinnvoller, als immer Einzelanpassungen vorzunehmen. Da würde ich mir wünschen, dass sich die Schweiz bewegt.

Werfen Sie der Schweiz Rosinenpickerei vor?
So weit würde ich nicht gehen. Europa profitiert von der Schweiz. Europäische Verkehrsadern laufen quer durch Ihr Land. Insgesamt muss es aber ein faires Geben und Nehmen geben.

Zu Zeiten Helmut Kohls sass ein Freund der Schweiz im Kanzleramt. Bei Angela Merkel hat man das Gefühl, dass sie mit dem südlichen Nachbarn fremdelt. Teilen Sie diesen Eindruck?
Die Schweiz kann davon ausgehen, dass sie viele Freunde in Deutschland hat. Dazu zähle ich auch die Bundeskanzlerin. Aber Freunde müssen sich gegenseitig auch einmal unangenehme Dinge sagen können. Es gibt Punkte, da hat man in Deutschland den Eindruck, dass die Schweiz zu sehr ihre eigenen Interessen verfolgt und die Interessen des Nachbarn nicht einbeziehen will. Da haben wir den einen oder anderen Wunsch.

Nämlich?
Ich spreche vom Fluglärm rund um den Flughafen Zürich.

Da haben ja die beiden Verkehrsminister eine Arbeitsgruppe eingesetzt . . .
. . . ja, aber da haben wir schon viele Arbeitsgruppen eingesetzt und reichlich miteinander gesprochen. Nur bewegt hat sich bisher wenig. Ich persönlich versuche immer, etwas dämpfend einzuwirken. Aber die unmittelbaren Anwohner im Bereich Waldshut/Konstanz klagen sehr über die Fluglärmbelastung und die mangelnde Kooperation von Schweizer Seite. Ich wünschte mir, wir könnten diesen Punkt irgendwann abhaken.

Sie meinen, der Flughafen Zürich soll noch weniger über deutsches Gebiet angeflogen werden?
Solange wir in den Verhandlungen sind, will ich keine konkrete Forderung stellen. Aber ein erster Schritt wäre, dass die Schweiz mehr Verständnis für die deutschen Anrainer zeigen würde.

Tages-Azeiger, 24.01.2010


Kommentar VFSN: Aufgrund der an Eindeutigkeit nicht mehr zu überbietenden gemeinsamen Lärmstudie wäre es eigentlich an der Zeit, dass Deutschland für die etwas mehr Verständnis für die schweizer Bevölkerung zeigen würde...


Siehe auch: Lösung im Fluglärmstreit wieder verschoben (TA)