Übel? Chance? Die zwei Medaillenseiten von Zürich-Kloten (s-b)

Publiziert von VFSNinfo am
27 Ja-Stimmen, fünf Enthaltungen – und eine gewichtige Nein-Stimme:   Anders als die Sprecher aller anderen Donaueschinger Gemeinderatsfraktionen und anders als viele Gemeinderäte hat Michael Klotzbücher, Sprecher der FDP/FW-Fraktion im Stadtparlament, einer von der CDU beantragten Resolution in Sachen Flugbelastung durch den Flughafen Zürich-Kloten die Unterschrift verweigert. Wenn das Schreiben demnächst an das Land Baden-Württemberg und an die Bundespolitiker in Berlin geht, spricht Donaueschingen also nicht mit einer Stimme.

Worum geht’s? Um die alte Geschichte: Vor rund zehn Jahren wurde über Donaueschingen der Luftwarteraum Rilax eingerichtet, den seitdem die Mehrzahl der Flieger in einer Höhe von mehreren tausend Fuß – mindestens 3,6 Kilometer – durchfliegt, die auf dem Flughafen Zürich­Kloten landen. Genau das ist vielen Südbadenern ein Dorn im Auge: Bürgerinitiativen mehrerer Landkreise und zahlreiche Politiker klagen über die Flugbelastung, über die Nutzung deutschen Lufthoheitsgebiets durch Flieger, die in die Schweiz unterwegs sind, und vor allem bemängeln sie auch, dass die Schweiz ihre eigene Bevölkerung schone – schließlich stehe über Schweizer Gebiet genügend Luftraum zur Verfügung, den die Flieger beim Anflug auf Kloten ebenfalls durchfliegen könnten.

Mit der Resolution, die ähnlich schon von weiteren südbadischen Gemeinden verabschiedet wurde, sollen laut Reinhard Müller, Gemeinderat der CDU, die Bedenken der Stadt Donaueschingen gegen den über Gebühr in Anspruch genommenen Luftwarteraum über der Baar zum Ausdruck gebracht werden. Nach Angaben von Müller erfolgen auf den Flughafen Zürich-Kloten jährlich eigentlich nur rund 50\'000 Anflüge aus Richtung Norden, tatsächlich den Luftwarteraum Rilax durchqueren aber mehr als 100\'000 Flugzeuge. "Die Schweiz soll Warteräume über ihrem eigenen Staatsgebiet einrichten", so Müller.

Noch weniger sei es hinnehmbar, dass aufgrund derzeitiger Planungen zum künftigen Betriebsreglement des Flughafens absehbar wohl noch viel mehr Flüge über deutsches Staatsgebiet gehen würden: "Gegen diese Fremdbestimmung wehren wir uns, die Zahl der Anflüge muss begrenzt werden". Mit der Resolution sollen zudem Landes-und Bundespolitik aufgefordert werden, die Interessen der Region in den Gesprächen mit der Schweizer Seite deutlich zu machen.

Eine unterstützenswerte Sache? FDP-Mann Klotzbücher sieht das ganz anders, schon seit langem, und mit seiner Sicht der Dinge hat er sich bei den Bürgerinitiativen nicht eben beliebt gemacht. Im Kern geht es Klotzbücher darum, den Flughafen Zürich- Kloten nicht nur als Belastung, sondern als Chance auch für die hiesige Region zu bewerten.

Der Luftwarteraum Rilax hat sich seiner Meinung nach bewährt – und eine Begrenzung der Anflüge könne tatsächlich zu deutlichen höheren Belastungen für die Region führen: Wenn weitere Warteräume vielleicht über Schweizer Gebiet eingerichtet würden, dann bestehe die Gefahr, dass die Flieger den hiesigen Luftwarteraum nicht mehr so reibungslos wie jetzt durchfliegen könnten – dann würden tatsächlich, wie heute schon von Gegnern fälschlicherweise angeführt, zahlreiche Flieger ohne Ende am Baaremer Himmel kreisen. "Mir ist es lieber, sie fliegen sanft, schnell und fast geräuschlos hier drüber."

Auch kritisierte Klotzbücher die Resolutions-Forderung, wonach keine Abflüge mehr über deutsches Gebiet gehen dürften: "Wie soll das funktionieren, wenn eine Maschine von Zürich nach Berlin geht?" Zwischen den Ländern möge es Grenzen geben. Genau diese Grenzen aber sollten hoch oben in der Luft keine Rolle spielen.

schwarzwaelder-bote, 09.12.2010