Wetterphänomene bedrohen Flugsicherheit (FTD)

Publiziert von VFSNinfo am
Hohe Wolkenformationen, extrem starke Winde: Sind moderne Flugzeuge überhaupt sicher genug? Ermittlungen nach dem Absturz einer Air-France-Maschine legen den Verdacht nahe: Die Flugzeuge müssen verbessert werden.

Die Ermittlungen nach dem rätselhaften Absturz eines Airbus über dem Atlantik haben erhebliche Schwächen bei der Flugsicherheit aufgedeckt. Die französische Luftaufsicht kommt zu dem Ergebnis, dass Passagierflugzeuge heute für Bedingungen zugelassen werden, die der veränderten Umwelt nicht mehr entsprechen.

Die Maschine der französischen Gesellschaft Air France war am 1. Juni mit 228 Menschen an Bord auf dem Flug zwischen Rio de Janeiro und Paris abgestürzt. Die genaue Unfallursache ist weiter unklar. Als einen Grund für den Absturz von Flug AF 447 vermuten Experten Probleme mit den Geschwindigkeitsmessern, den sogenannten Pitot-Sonden.

Vor allem die Risiken von Flügen durch hohe Wolkenformationen würden derzeit bei der Zulassung von Maschinen nicht ausreichend berücksichtigt, bemängelt die französische Behörde in ihrem Bericht. Die Wissenschaft habe Wetterphänomene in großen Höhen noch nicht ausreichend erforscht. Die dortigen Bedingungen könnten auch in keinem Windkanal simuliert werden.

Die Empfehlungen der französischen Luftaufsicht könnten weltweit zu neuen technischen Standards für die Flugzeugindustrie führen. Sowohl die europäische Dach-Aufsichtsbehörde EASA als auch die US-Zulassungsbehörde FAA stehen nun unter Zugzwang, als Konsequenz aus dem Air-France-Absturz ihre Standards für die Zulassung von Flugzeugen zu verschärfen.

Auch EASA-Sprecher Daniel Höltgen sagte, die Frage müsse geklärt werden, "ob sich etwa durch Klimaveränderung die heutigen Flugbedingungen verändert haben". Hierzu sei in der zweiten Jahreshälfte 2010 ein Branchenkongress geplant.

Der Klimawandel und der weiterhin stark zunehmende Luftverkehr machen das Problem akut. Weltweit sind derzeit ungefähr 18.800 größere Flugzeuge im Einsatz. Bis zum Jahr 2028 soll sich die Zahl verdoppeln.

Neben verschärften Zulassungskriterien für Passagiermaschinen und mehr Studien zur Wolkenbildung sei auch eine bessere Sicherung der Flugdaten nötig, so die BEA in ihrem Bericht. Flugschreiber müssten in Zukunft 90 statt bisher 30 Tage lang ein Ortungssignal senden. Zudem sollten die Maschinen zusätzliche Sender erhalten, die Daten wie Flughöhe, Position und Geschwindigkeit an Satelliten übermitteln.

Vor allem die Geschwindigkeitsmesser können nach Einschätzung der französischen Ermittler kritisch werden. "Bei den Empfehlungen, die wir heute machen, geht es darum, die Zertifizierung der Pitot-Sonden noch zu verbessern, zumal wir jenseits des Unfalls von AF 447 eine Reihe von Vorfällen mit diesen Sonden hatten", sagte BEA-Chef Jean-Paul Troadec am Donnerstag in Paris.

Bei dem Absturz über dem Atlantik sei der Ausfall der Sonden "eines der Elemente einer Reihe von Ereignissen", heißt es in dem Bericht.

Technische Probleme bei den Geschwindigkeitsmessern seien seit Längerem bekannt gewesen und zwischen der EASA, Airbus sowie dem Hersteller Thales diskutiert worden. Vor allem Thales-Sonden hatten sich als besonders störanfällig erwiesen.

Die EASA wolle sich aktiv an der Entwicklung leistungsfähigerer Ortungssysteme und einer besseren Übermittlung der Wetterdaten beteiligen, sagte der Sprecher der Behörde. Die Ermittlungen zu Flug AF 447 sollen im Frühjahr fortgesetzt werden. Erneut soll dann versucht werden, den verschollenen Flugschreiber zu finden.

Angehörige von Opfern des Unglücks lobten den Bericht als Fortschritt. "Heute hoffen wir darauf, dass wir eines Tages die Wahrheit kennen", sagte John Clemes, Vizepräsident der Organisation Entraide et solidarité, die die Familien von rund 60 Opfern vertritt.

Financial Times Deutschland, 17.12.2009


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