Flughafen Zürich am Pranger (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Zweiter Tag der öffentlichen Anflug-Verhandlungen

Vor Bundesverwaltungsgericht plädierten weitere Beschwerdeführer in Sachen Süd- und Ostanflug. Dabei wurden Bund und Flughafen die Versäumnisse der letzten Jahre vorgerechnet.

Adrian Krebs, Bern

Das Besondere an den diese Woche stattfindenden Fluglärm-Verhandlungen vor Bundesverwaltungsgericht ist nicht das ausführlich praktizierte Wiederkäuen bekannter Fakten und Vorwürfe. Ungewöhnlich ist, dass fast alle Beteiligten der seit Jahren schwelenden Auseinandersetzungen im Saal des «National» Tage miteinander verbringen und einander zuhören müssen. Dies geschieht ohne Unmutsäusserungen. Einzig in den Pausen deponiert ab und zu jemand diskret den aufgestauten Ärger.

Plädieren aus der Tieflage

Die respektvolle Atmosphäre hat wohl weniger mit der massiven Bewachung als mit den klaren Machtverhältnissen zu tun. Hier haben die Richter das Sagen. Ganz nach dem Motto, wonach vor dem Gesetze jeder gleich sei, müssen alle Referenten, ob Stadtrat oder einfacher Bürger, mit dem Rücken zum Saal vor das Rednerpult treten. Von dort spricht man (verschwurbelt oder kämpferisch, aber immer anständig) zum höher auf der Bühne sitzenden Gericht, dessen langer Tisch von einem dunkelroten Samtteppich gesäumt ist.

Am zweiten Verhandlungstag kamen erneut die Beschwerdeführer zu Wort. Allen war gemein, dass sie den Flughafen und/oder den Bund für seine Politik der vergangenen Jahre anprangern. Die Ärzte für Umweltschutz verbanden ihre Kritik mit den abwegigen Forderungen nach maximal 250\'000 Flugbewegungen jährlich und 9 Stunden Nachtruhe. Der Kanton Zürich monierte die Nichtberücksichtigung der Hub-Klausel im vorläufigen Betriebsreglement. Diese besagt, dass spätabendliche Starts nur dann erlaubt sein sollen, wenn sie relevant sind für den Betrieb des Hubs Zürich. Zudem verlangte der Kanton ein Verbot von Charterflügen nach 22 Uhr. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt hatte aber beiden Regelungen die Genehmigung verweigert.

Appell an die Emotionen

Danach war die Reihe an den Vertretern der deutschen Gemeinde Hohentengen und des Landkreises Waldshut. Sie beharrten auf dem Recht, Flüge von und nach Zürich so weit wie möglich von ihrem Territorium fernzuhalten, unabhängig davon, ob Lärmgrenzwerte überschritten sind oder nicht. Ganz andere Probleme hat laut ihrem Anwalt die Stadt Kloten, die wegen überschrittener Grenzwerte ihr Zentrum nicht weiter entwickeln kann.

Der Verein Flugschneise Süd - Nein versuchte anschliessend an die Emotionen der Richter zu appellieren, indem er die Absturzgefahr im dichtbesiedelten Korridor vor der Landung auf Piste 34 in den Vordergrund rückte. Dabei erhielten die Südschneiser Unterstützung durch den Anwalt Peter Ettler, der mehrere Gemeinden und Institutionen im nahen Süden und im Westen vertritt, sowie den Zürcher Stadtrat Robert Neukomm. Beide warfen dem Flughafen vor, er vernachlässige das Vorsorgeprinzip und den Schutz der Bevölkerung.

NZZ, 25.11.2009


siehe auch:
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Eine unglaubliche Geschichte - Chronologie der Südanflüge - aktualisiert 3.11.2009 (VFSN)