Kein Platz für das Übliche auf dem Dübendorfer «Edelstein» (NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Regierung präsentiert Resultate der Testplanung für Flugplatzareal – Künftige Nutzung bleibt unklar

Auf dem Flugplatz Dübendorf sollen nicht weitere Büros und Wohnungen entstehen. Die Regierung will stattdessen Platz für Sondernutzungen schaffen. Es bleibt aber unklar, ob die Neunutzung mit oder ohne Flugbetrieb erfolgt. Der Baudirektor fordert nun bis Ende Jahr Klarheit.

ark. So schwärmerisch hat man den normalerweise rhetorisch eher spröden Baudirektor noch selten erlebt: «Das Dübendorfer Flugplatzareal ist ein Edelstein im Herzen des Kantons», erklärte Markus Kägi am Montag vor den Medien. Er rede bewusst nicht von einem Juwel, denn für ein solches brauche es zur Vollendung den richtigen Schliff. Genau darum ging es in der vom Kanton vor eineinhalb Jahren initiierten Testplanung: In welche Form soll man das riesige Areal mit einer Fläche von gut 2,3 Quadratkilometern veredeln, falls es 2014 von der Luftwaffe für eine neue Nutzung freigegeben wird?

Rechtzeitig vorsorgen

Ob dies wirklich der Fall sein wird, ist nach wie vor ungeklärt. Während VBS-Vorsteher Ueli Maurer vor kurzem bekräftigte, dass der 2005 eingestellte Jet-Betrieb in Dübendorf nicht wieder aufgenommen wird, schürte er sekundiert vom Luftwaffenchef Gerüchte, dass die Armee den Flugplatz weiterhin als Ostschweizer Brückenkopf für Helikopter und Flächenflugzeuge benötigen könnte. Trotzdem hat der Kanton die Testplanung in Angriff genommen, um im Falle des Abzugs nicht auf dem falschen Fuss erwischt zu werden.

Vier Planungsbüros aus der Schweiz und dem Ausland haben deshalb vom Kanton je 100 000 Franken erhalten, um ihre Vorstellungen bezüglich der künftigen Entwicklung des Areals zu Papier zu bringen. Damit will die Baudirektion im Auftrag der Gesamtregierung eine «vorurteilslose Auslegeordnung» ermöglichen, um so anschliessend die Rahmenbedingungen für eine künftige Raumplanung auf dem Flugplatz zu schaffen. Beaufsichtigt wird der Prozess von einem illuster bestückten Begleitgremium unter der Leitung des ETH-Raumentwicklung-Professors Bernd Scholl. Das Resultat ist ein umfangreicher Bericht, der aus zahlreichen farbigen Plänen, Fotos und Ideenskizzen besteht. Die vier Büros hatten je ein Entwicklungs-Szenario mit oder ohne aviatische Nutzung zu liefern. Dabei waren der Phantasie schon beim Szenario mit Aviatik kaum Grenzen gesetzt: Während das eine Büro den Bau einer neuen, gedrehten Piste vorschlägt, plädiert ein anderes für eine verlängerte Landebahn. In den Plänen für einen Fortbestand ohne Flugbetrieb wird die Landebahn wahlweise durch einen Wassergraben, einen See oder einen markanten Boulevard als Schlagader eines neuen Stadtquartiers ersetzt.

Wer nun aber Pläne für eine neue Stadt in der Stadt wälzt, der dürfte enttäuscht worden sein. Die Regierung will nichts wissen von einer Fortsetzung der im Glatttal stark wachsenden Mischnutzung von Dienstleistungs- und Wohnflächen. «Es soll auf dem Flugplatzareal nicht mehr vom Gleichen geben», betonte Kägi. Man betrachte den Flugplatz als strategische Landreserve, die für «Sondernutzungen im kantonalen und nationalen Interesse» reserviert werden solle. Was er damit meinte, darüber blieb Kägi die Antwort schuldig. Offenbar wollte er vermeiden, einzelnen Projekten durch ihre Erwähnung den Anschein der Favorisierung zu geben. Die Begehrlichkeiten, die die Landreserve weckt, sind fast so gross wie ihre Fläche. Am meisten Aufsehen erregt haben bisher das Projekt für einen Innovationspark – hinter dem eine Koalition von bürgerlichen Politikern, ETH und Unternehmen steht – sowie die Idee eines Aviatik-Clusters, wie er den Lobbyisten für eine Fortsetzung des Flugbetriebs vorschwebt.

Aviatik-Cluster contra Innovationspark

Die Behörden der Standortgemeinden favorisieren aus lärmtechnischen Gründen eine nicht-aviatische Neunutzung, wie der Dübendorfer Stadtpräsident Lothar Ziörjen am Montag bekräftigte. Von der Konkretisierung der künftigen Nutzung erhoffen sie sich vermehrte Planungssicherheit, ein Anliegen, das auch der Baudirektor unterstützt. Unterstützt von der Regierung fühlen sich auch die Initianten des Innovationsparks. In einer Medienmitteilung bezeichneten sie die Stellungnahme Kägis als positives Signal, enttäuscht ist man einzig darüber, dass das Projekt nicht explizit erwähnt worden ist.

Gerade diese Vagheit begrüsst das Forum Flugplatz, das auf den Aviatik-Cluster setzt. Die Organisation befürchtet die Zerstörung der bestehenden Arbeitsplätze und einen Verlust an Sicherheit, wenn die Armee definitiv abzieht. Laues Interesse an einer künftigen aviatischen Nutzung zeigt auch der Flughafen Zürich. Sprecher Marc Rauch bezeichnet die künftige Nutzung im Sichtflugbetrieb als «sinnvolle Ausweichmöglichkeit» für die Sportfliegerei. Kägi seinerseits forderte Klarheit zu dieser Frage. Die Volkswirtschaftsdirektion soll unabhängig von der Entscheidung der Armee bis Ende Jahr klären, ob künftig in Dübendorf zivil geflogen werden soll.

NZZ, 09.06.2009