Kampfjet als Waffe im Fluglärmstreit (Südkurier)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Widerstand gegen die deutsche Weigerung, einen uneingeschränkten Fluglärmexport nach Südbaden zuzulassen, hält in der Schweiz an. Berner Parlamentarier wollen jetzt, dass die Schweizer Regierung den Kauf neuer Kampfjets mit dem Fluglärmproblem verknüpft.

Hans Kaufmann ist ein Name, den man sich merken sollte. Der Schweizer Finanzberater, der für die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) im Nationalrat sitzt, ist zwar bislang öffentlich nicht groß in Erscheinung getreten. Mit einem kürzlich eingereichten Antrag jedoch könnte der Politiker aus dem Kanton Zürich Geschichte schreiben. Seine „Motion" beauftragt die Schweizer Regierung, „dafür zu sorgen, dass der Erwerb deutscher Kampfflugzeuge nur in Frage kommt, wenn Deutschland sich verpflichtet, die 213. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrs-Ordnung, welche Anflüge von Norden auf den Flughafen Zürich einschränkt, vor der Unterzeichnung eines entsprechenden Kaufvertrages aufzuheben." Mit anderen Worten: Eurofighter gegen Fluglärm, so heißt das Milliardengeschäft, für das die Abgeordneten von SVP und FDP nun werben, um den Luftkampf um Abgase und Dezibel letztlich doch noch zugunsten der Schweiz zu entscheiden.

Das Lockangebot kommt, so hoffen die Schweizer Konservativen, gerade zur rechten Zeit. Während sich die Wirtschaft nämlich auf dem Weg in eine Talsohle befindet, während die Sorge vor Entlassungen auch in Deutschland um sich greift, will die SVP erneut den Deutschen beim Flughafen Zürich Daumenschrauben anlegen.

Bei dem 2,2 Milliarden-Franken-Geschäft geht es um die Beschaffung von bis zu 22 Kampfjets für das Schweizer Militär als Ersatz für Teile der F-5-Tiger-Flotte. „Im Falle des Kaufs von deutschen Flugzeugen werden 90 Prozent der Wertschöpfung der Wirtschaft beziehungsweise den Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg und Bayern zugute kommen", rechnet der SVP-Abgeordnete optimistisch vor. Und er weiß, dass Rüstungsfirmen derzeit wegen des Großauftrags bei den Eidgenossen Schlange stehen.

Beifall für den jüngsten Vorschlag einer Verknüpfung politischer und wirtschaftlicher Themen bleibt nicht aus. Als „gute Idee" feiert etwa der einflussreiche Flughafen-Lobbyist Klaus Stöhlker auf seiner Internetseite Kaufmanns Vorstoß. Der SVP-Mann habe „als erster Zürcher Politiker" begriffen, dass man den Politikern in Stuttgart und Berlin „und dort speziell dem Tiefflieger Tiefensee" klar entgegentreten müsse, „um sie an den Verhandlungstisch zu bringen".

Im „Verschiss" der Schweizer Hardliner steht aber auch der eidgenössische Verkehrsminister Moritz Leuenberger. Der glücklose Bundesrat, der 2003 bereits mit seinem Staatsvertrag im Schweizer Parlament eine Bruchlandung hinlegte, hatte in einem Interview der Neuen Zürcher Zeitung den Eindruck erweckt, als hoffe die deutsche Seite auf eine Verlängerung der Anflugpiste am Zürcher Flughafen. Dies sei ohne Zugeständnisse bei Nachtflügen freilich nicht hinnehmbar, hatte Leuenberger dabei getönt.

Doch in Berlin und Stuttgart reiben sich die zuständigen Stellen darüber verwundert die Augen. Von Verhandlungen mit der Schweiz sei in diesem Zusammenhang gar nichts bekannt, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Ulrich Kasparick (SPD), auf eine Anfrage des Waldshuter Bundestagsabgeordneten Thomas Dörflinger (CDU). Nach wie vor sei eine Arbeitsgruppe dabei, sich auf eine Berechnungsmethode zu einigen, auf deren Grundlage die Flugverkehrsbelastung durch Kloten ermittelt werde.

Auf deutscher Seite wartet man derweil die Entscheidung aus Bern über ein mögliches Veto beim Ankauf der Eurofighter Militärtechnologie ab. Einen Vorstoß in Berlin habe es in dieser Angelegenheit bereits gegeben, wird gemunkelt. Dabei seien die Schweizer mit ihrem Angebot durchaus wohlwollend aufgenommen worden.

Eine gewisse Brisanz bekommt die Sache freilich auch, weil in Bern seit wenigen Wochen mit Ueli Maurer wieder ein strammer SVP-Mann das Verteidigungsressort führt. Er werde den Auftrag seiner Abgeordneten mit Sicherheit nicht ignorieren, heißt es aus gut informierten Kreisen.

Dass die „Motion" eine realistische Chance auf eine Umsetzung hat, wird dennoch bezweifelt. Besonders die Schweizer Armee gehe sehr pragmatisch vor, wenn es um die eigene Ausrüstung geht, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Die Eurofighter dürften demnach nur unter einem Gesichtspunkt bestellt werden: wenn sie den Eidgenossen ins militärische Zukunftskonzept passen.

Südkurier, 08.01.2009