Flugverkehrsbelastung durch den Flughafen Zürich (Presseservice)

Publiziert von VFSNinfo am
Landrat Tilman Bollacher nimmt Stellung

Treffen der beiden Außenminister Deutschlands und der Schweiz in Rheinfelden

Eine klare Aussage, so Landrat Bollacher, habe der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier anlässlich seines Treffens mit seiner Schweizer Kollegin Micheline Calmy-Rey am vergangenen Freitag in Rheinfelden gemacht.   Der deutsche Außenminister habe deutlich betont, dass die Anflüge auf den Flughafen Zürich kein außenpolitisches Problem seien, sondern unter verkehrsrechtlichen Gesichtspunkten in der  Region gelöst werden müssten. Eine Lösung ohne die Region werde es nicht geben. „Ich begrüße diese Haltung“, so der Waldshuter Landrat Tilman Bollacher weiter. Bemerkenswerterweise habe die schweizerische Außenministerin in ihrer Rede einen Mangel an direkter Mitwirkung des Volkes in der EU erkannt. Gleichzeitig werde aber seitens der Schweiz in der Flughafenfrage der Versuch unternommen, über die Köpfe der Betroffenen hinweg in Berlin eine für sie günstige Lösung zu erreichen. „Das passt nicht zusammen“, so der Waldshuter Landrat. In diesem Zusammenhang dankte Landrat Tilman Bollacher Bundeskanzlerin Merkel für ihre ebenfalls klare Haltung bei ihrem Treffen am 29.04.2008 mit dem schweizerischen Bundespräsidenten Couchepin.

Zunahme der Flugbewegungen, Eindruck täuscht nicht
Wie dringend eine Kontingentierung der Landeanflüge auf den Flughafen erforderlich ist, zeigen die neuesten Zahlen. In den ersten vier Monaten diesen Jahres erfolgten 4.800 Flugbewegungen mehr als im selben Zeitraum des Jahrs 2007. Diese Steigerung war mit einem Mehr an 2.024 Landungen über das Gebiet des Landkreises Waldshut auf die beiden Pisten 14 und 16 verbunden. Rechnet man diese Zahlen auf das ganze Jahr hoch, kommt man auf eine Zunahme der Flugbewegungen von insgesamt 15\'000 und ein Mehr an lärmintensiven Landungen über das Kreisgebiet von 6\'000. Somit müsse man von einer alarmierenden Steigerung der Anflugzahl von 6 % auf 106.000 ausgehen. Aufgrund des allgemeinen Trends müsse im Jahre 2009 mit einer weiteren Steigerung gerechnet werden. Eine Lösung zur Reduzierung der Flugverkehrsbelastung im Landkreis, so der Chef der Waldshuter Kreisbehörde, ist daher dringend geboten. Auch Außenminister Steinmeier habe bei seiner Rede in Rheinfelden darauf hingewiesen, dass eine Lösung nicht mehr lange auf sich warten lassen dürfe.

Schweiz ist auf dem Irrweg
Wenn die Schweiz nun meine, so der Waldshuter Landrat weiter, jetzt mit Lärmmessungen welcher  Art auch immer eine Reduzierung der Belastungen der Bevölkerung des Landkreises verhindern zu können, sei sie auf dem Irrweg. Es sei eine Illusion zu glauben, den deutschen Luftraum wie bisher nutzen zu können. Bund, Land und  Region seien sich dahingehend einig, dass die Anflüge außerhalb der Beschränkungszeit der DVO deutlich reduziert werden müssten. Diese Haltung werde auch gestützt  durch die Rechtssprechung. Die Schweiz müsse den Tatsachen ins Auge sehen, dass es ohne die Region keine Lösung gibt und diese eine deutliche Verringerung der Anflüge zum Inhalt haben muss.

Kritik an Schweizer Haltung: Ehrliche Politik sieht anders aus.
Für den Waldshuter Landrat Tilman Bollacher ist das aktuelle Interesse Berns an der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Hochrhein nur vorgetäuscht. Diesen Schluss ziehe er aus Äußerungen maßgebender Schweizer Politiker, nachdem die deutsche Bundeskanzlerin eine Paketlösung beim Besuch in Bern klar abgelehnt habe. Nunmehr höre man aus Bern, dass nur noch über den Flughafen und Lärm gesprochen werden soll und über andere dringende grenzüberschreitende Themen wie Staus, Nachtfahrverbot, Zollfragen, Straßenverbindungen, Bahnlinien etc. nicht mehr verhandelt  werden soll. Dies zeige deutlich, dass das Interesse nur vorgeschoben gewesen sei, um eine noch höhere Flugverkehrsbelastung Deutschlands durchzusetzen.

Wider besseres Wissen heiße es aus Bern, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit funktioniere nicht. Dies sei eine Ohrfeige für alle Menschen diesseits und jenseits des Rheins, die vertrauensvoll grenzüberschreitend zusammen arbeiten und die Kooperation am Hochrhein in den vergangenen Jahren weit vorangebracht haben. Mit den Aussagen der Schweiz werde der Eindruck erweckt, die Position Südbadens und auch der Landesregierung Baden-Württembergs zur Flughafenfrage Zürich  hätten zu einem jahrzehntelangen Stillstand in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit geführt. Die Kooperation am Hochrhein erfreue sich aber großer Lebendigkeit. Gemeinden, Landkreise, Kantone seien, unterstützt vom Land und den Bünden beim Brückenbau – im konkreten und übertragenen Sinne – sehr erfolgreich. Der Grund des Flughafenstreits liege allein in der kompromisslos zu Lasten der süddeutschen Bevölkerung betriebenen Nordausrichtung.

Der Schlüssel zur Lösung liegt in der Schweiz
Man müsse bei der Flughafenfrage eine Gesamtbetrachtung vornehmen, so Landrat Bollacher weiter, wobei Lärm nur ein Faktor sei. Viele andere Gesichtspunkte spielen hier eine Rolle. Es handele sich um einen Schweizer Flughafen, aus dem gerade die schweizerische Region um den Flughafen die größten wirtschaftlichen Vorteile ziehe. In diesem Zusammenhang wies Landrat Bollacher darauf hin, dass die Bruttowertschöpfung für Süddeutschland nicht einmal bei einem Prozent liegt. Deutschland sei in bisherigen Fragen der Erweiterung des Flughafens nie gehört worden. Der Flughafen könne nicht nur von Norden, sondern ohne Nutzung des deutschen Luftraums auch von Westen, Osten und Süden angeflogen werden. Die Schweiz habe mehrfach nachgewiesen, dass sie durchaus in der Lage sei, den Flughafen auch bei einer entsprechender Zunahme der Flugbewegungen überwiegend auf eigenem Territorium zu betreiben. Stattdessen werde mit Nachdruck die vollständige Nordausrichtung zu Lasten der süddeutschen Bevölkerung betrieben, um die eigene Bevölkerung aus wahltaktischen Gründen zu schützen.

Wenn der schweizerische Bundespräsident Couchepin „Back to the roots“ propagiere, dann bedeute dies, dass wir bei einer Nullvariante anfangen. Unter diesem Gesichtspunkt ist das deutsche Angebot, bis zu 80\'000 Landeanflüge jährlich zu übernehmen, sehr großzügig. Den Zürcher Fluglärmindex (ZIF) lehnt Tilman Bollacher klar ab, weil dieser nicht auf Messungen, sondern auf Berechnungen beruhe und einzig und allein zum Ziel habe, die weitere Nordausrichtung des Flughafens zu rechtfertigen.

Basel zeigt den Weg
Sehr interessant, so der Chef der Waldshuter Kreisbehörde, sei in diesem Zusammenhang die Situation am Euro Airport Basel Mülhouse Freiburg zu betrachten.  Dort gestehe die Schweiz lediglich 12% aller Landeanflüge auf ihrem Gebiet zu, obwohl der Flughafen mit 50%-iger Beteiligung der Schweiz betrieben werde. Dort werde die Belastung an Bewegungszahlen gemessen, in Zürich dagegen jedoch abgelehnt, weil dort die Interessenlage anders sei. Bei den derzeitigen Basler Zahlen (ca. 40\'000 Anflüge insgesamt), seien dies nicht einmal 5\'000 Anflüge im Vergleich zu den in diesem Jahr zu erwartenden 106\'000 Anflügen über das Gebiet des Landkreises Waldshut auf den Flughafen Zürich.

So könne es nicht weitergehen: „Wir brauchen in unserem Gebiet dringend eine spürbare Entlastung von Flugverkehrsbelastungen“, so Bollacher zum Abschluss.

Presseservice, 09.06.2008

Kommentar VFSN: Wenn sich unsere Politiker mit gleich viel Einsatz und ebenso unsachlichen Argumenten für die Schweizer Bevölkerung einsetzen würden, dann wäre der Anflug für deutsche Flugzeuge, die 98% ihres Lärms in der Schweiz verursachen, schon längst schlicht verboten.
Zudem scheint Herr Bollacher den Trick der Paketlösung immer noch nicht begriffen zu haben: Ich gebe dir was, du gibst mir was. Wenn Herr Bollacher die Lösung des Fluglärmproblem darin sieht die deutschen Einschränkungen noch weiter zu verschärfen (also etwas wegnimmt statt gibt), warum soll dann die Schweiz neben dem deutschen Transitverkehr über den Gotthard auch noch deutschen Autobahnen auf Schweizer Gebiet zustimmen und eine bessere Verkehrsanbindung Süddeutschlands an den Flughafen Zürich finanzieren?