Feilschen trotz Merkels Nein (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Unternehmer möchten Teile des Paketes retten, das Angela Merkel ablehnte. In Bern lässt man diese Frage offen. Aber im Volkswirtschaftsdepartement Zürich winkt man klar ab.

Angela Merkels Nein zu einer Paketlösung, welche allenfalls den Fluglärmstreit hätte beenden können, wirkt auch bei Wirtschaftsvertretern nach. Unternehmer-Vereinigungen dies- und jenseits des Rheins wollen Merkels Nein nicht als Absage an bessere Bedingungen in der grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit hinnehmen. «Wir hoffen weiter, Bewegung in die Dossiers bringen zu können», sagt Rolf Lüpke, Geschäftsführer der Vereinigung Schweizerischer Unternehmen in Deutschland (VSUD). Man müsse «einzelne Komponenten» retten, sagt Lüpke. Es zähle nicht die Paketform, «sondern das Ergebnis», ergänzt Claudius Marx, Geschäftsführer der Handelskammer Hochrhein-Bodensee (IHK). Lüpkes VSUD, Marx\' IHK und die Unternehmerinitiative Wirtschaftsraum Deutschland-Schweiz hatten die Paketlösung propagiert in der Hoffnung, so liessen sich Fluglärmkonflikt und Probleme der im Grenzraum tätigen Unternehmen im Tauschhandel lösen.

Dabei hatten sie den S-Bahn-Ausbau, eine Autobahnverlängerung, raschere Abfertigungen des Güterverkehrs, flüssigere Zollkontrollen und «weniger Formalismus» für sich eingefordert. Für Bahn- und Strassenbau hätte die Schweiz Millioneninvestitionen tätigen müssen. Dass an so kostspieligen Paketteilen wegen des Neins aus Berlin nicht festgehalten wird, leuchtet den Unternehmern ein. Erleichterungen im Dienstleistungsverkehr möchten sie aber dennoch, sagt Lüpke. Die «unübersichtliche und unerfreuliche Gesetzeslage in der Schweiz» sei für deutsche Unternehmer ein Ärgernis.

Doris Leuthard soll ein Stück retten

Lüpke hofft, auch ohne Merkels Unterstützung lasse sich der Knoten lösen. Vor einem Jahr wandte er sich darum an Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard. «Sie hat uns versichert, eine Lösung prüfen zu wollen», sagt der Deutsche.

Nach Merkels Nein zur Paketlösung ist die Ausgangslage aber schlecht. Zumal sich die grenzüberschreitenden Unternehmer selbst nicht eins sind, inwiefern deutsche Wünsche noch erfüllt werden könnten. Der Zürcher Thomas Koller etwa, Geschäftsführer des Komitees «Weltoffenes Zürich» und Vorstandsmitglied der Unternehmerinitiative, findet, nach Merkels Nein sollten Schweizer Wirtschaftskreise keine weiteren Offerten machen – zumal Probleme im Dienstleistungsverkehr vor allem Deutsche störten. Koller persönlich findet, Schweizer sollten besser «toter Mann» spielen. Das heisse: Wenn Merkel ein Paket klar verwerfe, «dann können wir Schweizer doch den Deutschen nicht weiter Angebote machen».

Ohnehin ist offen, ob das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) weiterführen kann, was Micheline Calmy-Rey gewollt hat. Sie hatte mit den Grenzkantonen jenes von Merkel abgelehnte Paket geschnürt, das den Deutschen als Entgelt für weniger Fluglärm angeboten worden war. Kurz vor Merkels Besuch hatte EDA-Sprecher Lars Knuchel dazu erklärt, die Schweiz sei «klar an der Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Region interessiert». Nun sagte er: «Nach dem offiziellen Arbeitsbesuch von Frau Merkel haben wir gemeinsam mit allen Partnern die Lage zu beurteilen.»

Doch im Zürcher Volkswirtschaftsdepartement winkt man klar ab. «Deutschland hat diese Gespräche auf Eis gelegt», sagt Sprecher Erich Wenzinger. «Darum sehen wir keinerlei Bedarf, solche Gespräche noch fortzusetzen.»

Tages-Anzeiger, 06.05.2008