Nach den Kampfjets lärmen die Politiker (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Debatte um die Zukunft des Flugplatzes Dübendorf ist voll im Gang. Zusätzlich Nahrung erhält sie durch die Initiative gegen Kampfjetlärm, über die wir am 24. Februar abstimmen.

Am 16. Dezember 2005, kurz vor dem Start einer F/A-18, geschieht Ungewöhnliches auf dem Rollfeld: Der Pilot öffnet das Cockpit seiner Maschine und streckt ein Spruchband heraus: «Goodbye Dübendorf». Kurz darauf verschwindet er donnernd in den Regenwolken.

Soeben ist in Dübendorf der letzte Kampfjet gestartet; die 90-jährige Militärflugzeug-Ära hat ihr Ende gefunden. Zurück bleibt ein 267 Hektar grosses, fast leeres Flugfeld. Für Lärm sorgen seither nur noch das Brummen der legendären Ju-52, das Rattern von Helikoptern der Armee und der Rega, das Röhren von Bands wie den Rolling Stones und wie in den letzten Tagen das Dröhnen von Privatflugzeugen während des WEF. Der Unterschied zu früher ist frappant: Zu Spitzenzeiten waren in Dübendorf mehr als 300 Militärflugzeuge geparkt; 1985 etwa verzeichnete die Armee 15 000 Jet-Starts.

«Zynische Doppelmoral»

Seit Ende 2005 ist der Geräuschpegel rund um den Flugplatz denn auch merklich gesunken; ganz zur Ruhe gekommen ist Dübendorf aber bis heute nicht. Grund dafür ist die offene Zukunft des Flugplatzes, über welche die Politik und die Bevölkerung debattieren, zuweilen mit Gepolter und Getöse.

Gross war der Aufschrei etwa, als sich im Dezember die Anrainergemeinden Dübendorf, Volketswil und Wangen-Brüttisellen gegen einen militärischen und zivilen Flugbetrieb auf dem Flugplatz Dübendorf aussprachen, dies für die Zeit nach 2014, wenn die Luftwaffe ihre letzten Helikopter abziehen soll. Die SVP Dübendorf kritisierte den Dübendorfer Stadtpräsidenten Lothar Ziörjen (Demokratische Partei) für dessen angebliches Wendehals-Manöver scharf. Das Forum Flugplatz Dübendorf sprach von einem «unerwarteten Umschwenken auf Parolen links-grüner Kreise». Es zeuge von einer «zynischen Doppelmoral», den Flugbetrieb endgültig einstellen zu wollen und trotzdem zu versichern, die Interessen der Luftwaffe nicht zu torpedieren.

Ruf nach Wiedereröffnung wird laut

Weiter aufgeladen wird der Konflikt durch die Initiative «Gegen Kampfjetlärm in Tourismusgebieten», die am 24. Februar zur Abstimmung gelangt. Deren Befürworter sehen durch den ohrenbetäubenden Kampfjetlärm die touristischen Erholungsgebiete bedroht und fordern deshalb unter anderem, stillgelegte Militärflugplätze zu reaktivieren. In die gleiche Richtung zielt eine Motion von Nationalrat Adrian Amstutz. Der Berner SVP-Politiker bemängelt das aktuelle Stationierungskonzept der Luftwaffe mit Stützpunkten in Sitten, Meiringen und Payerne. Die Konzentration auf nur drei Flugplätze führe zu «massiven Belastungen» in den betreffenden Flugplatzregionen; es fehle in der Schweiz mindestens ein weiterer Standort. Einer davon könnte Dübendorf sein, wie Amstutz sagt.

Neue Ideen für Nutzung überprüfen

In die Diskussion eingeschaltet hat sich inzwischen auch der Zürcher Regierungsrat. Wie er jüngst mitgeteilt hat, will er bis Ende Jahr mögliche Nutzungsideen evaluieren. In dieses Projekt miteinbezogen werden der Bund als Grundeigentümer, die Zürcher Planungsgruppe Glattal und die drei Anrainergemeinden. Auf Grund der Ergebnisse wird der Regierungsrat über das weitere Vorgehen beschliessen. Spätestens Ende 2009 soll sich entscheiden, welche Variante weiterverfolgt werden soll und welche Anpassungen im kantonalen Richtplan nötig sind. In einem weiteren Schritt wird sich die Frage klären, ob und welche Teile des Geländes verkauft, im Baurecht abgegeben oder verpachtet werden.

Tages-Anzeiger, 28.01.2008