Der Hub-Betrieb wäre nicht bedroht (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Die Gegner eines Flugplafonds sagen, eine längere Nachtruhe auf dem Flughafen Kloten gefährde den Hub und die Swiss. Berechnungen zeigen aber, das dies so nicht zutrifft.

In der Flughafenpolitik ist die Swiss ein wichtiger Meinungbildner. Die nationale Airline lehnt nicht nur die Plafonierungs-Initiative kategorisch ab, sondern auch den weicheren Gegenvorschlag, den Lärm-Index ZFI plus. Vor den Delegierten des Flughafen-Schutzverbandes hat Swiss-CEO Christoph Franz Ende Juni ein düsteres Szenario skizziert. Vor allem eine verlängerte Nachtruhe – die Initiative fordert ein Flugverbot von 22 bis 7 Uhr – würde für die Swiss «negative Sofortwirkungen» haben. Das zarte Pflänzchen Swiss sei vom Verdorren bedroht. Franz kündigte für den Fall einer Nachtruheverlängerung eine «massive Restrukturierung» an.

«Wir müssten einen Teil der Flotte abbauen, natürlich mit den entsprechenden Folgen auf die Arbeitsplätze», präzisierte Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel gegenüber dem TA. «Der Ertragseinbruch würde sicher mehrere Hundert Millionen Franken betragen.» Heute gilt eine Nachtflugsperre von 24 bis 6 Uhr, mit einer Toleranz bis 0.30 Uhr für Verspätungsabbau. Probleme ortet die Swiss beim Flugverkehr in den Randstunden von 6 bis 7 Uhr und von 22 bis 24 Uhr. Während dieser Stunden landen pro Woche 49 Interkontinental-, 28 Europa- und 7 Saisonflüge in Zürich.

Diese Flüge in den Randstunden haben Befürworter der Flughafen-Initiative analysiert und neu berechnet, mit einer neunstündigen Nachtruhe als Basis. Felix Jaccaz, Präsident des Dachverbandes Fluglärmschutz, hat die Berechnungen durch einen ehemaligen Swissair-Flugroutenplaner überprüfen lassen: «Der Swissair-Mann hat unsere Angaben und Folgerungen als korrekt bestätigt.»

Zwischen 6 und 7 Uhr landen täglich acht bis zehn Interkontinental-Jets in Zürich. Drei Viertel sind Swiss-Flüge. Betroffen sind insgesamt 16 Abgangsorte, unter anderen Johannesburg, Hongkong, Singapore, Bangkok, Montreal, Mumbai und Muskat. Damit die Jets bei einer längeren Flugsperre erst nach 7 Uhr in Zürich landen würden, müssten in Hongkong, Nairobi, Singapore, Bangkok, Kuala Lumpur und Muskat die Startzeiten auf nach Mitternacht gelegt werden. Laut Swiss ist dies aber nicht möglich, weil Umsteiger auf Europa-Flüge die erste Abflugwelle in Zürich von 7 bis 7.30 Uhr verpassen würden.

Von einer längeren Nachtruhe wären auch Europa-Flüge tangiert. Es gibt heute täglich vier bis sechs Ankünfte zwischen 6.10 und 6.50 Uhr von Flügen aus Basel, Genf, Thessaloniki, Istanbul, Porto, Stuttgart und Genf. Bei einem um eine Stunde späteren Start am Ausgangsort würden alle diese Flüge nach 7 Uhr in Zürich eintreffen. Für die Passagiere wäre dies eventuell ein Vorteil, weil sie etwas weniger früh am Morgen auf den Abgangsflughäfen sein müssten – in Porto heute um 3 Uhr, in Istanbul und Thessaloniki um 4.10 Uhr.

Auch punkto Nachtrandstunden (22 bis 24 Uhr) müssten die Starts der täglich vier bis sieben Flüge aus Destinationen wie Palma, Pisa, Berlin, Genf, Amsterdam und London um rund 40 Minuten vorverlegt werden, damit sie vor 22 Uhr in Zürich ankämen. In den Wirtschaftsmetropolen Amsterdam und London müssten die Flüge nur um 10 bis 25 Minuten verschoben werden. Nur zwei London-Flüge betroffen

«Es trifft nicht zu, dass bei einer neunstündigen Nachtruhe keine Geschäftsreisen mehr von London nach Zürich möglich sind, wie die Gegner oft behaupten», sagt Jaccaz. Von 21 Rückflügen nach Zürich würden lediglich die zwei letzten tangiert. Dem Argument der Flughafenlobby, eine längere Nachtruhe sei eine Katastrophe für die Wirtschaft und die Schweiz, widerspricht Jaccaz: «Als Unique die Südanflüge einführte, mussten die frühen Landungen von 5.30 Uhr auf 6.08 Uhr verschoben werden. Die Schweizer Wirtschaft ist daran nicht zu Grunde gegangen.» Swiss: «Fast keinen Spielraum»

Die anderen Airlines hätten für ihre Hubs auf ihren Basisflughäfen wesentlich bessere Bedingungen als die Swiss in Zürich, entgegnet ein Swiss-Sprecher. Mit längerer Nachtruhe werde die Swiss gegenüber der Konkurrenz benachteiligt. Die Swiss betreibe in Zürich ein Netzwerk. Bei weiter verkürzter Betriebszeit müsste der Flugplan völlig neu gestaltet werden.

Zudem seien die heute wirtschaftlich interessanten Slots (Zeitfenster für Starts und Landungen) vergeben, sodass es keinen oder nur noch wenig Spielraum gebe. Dazu komme, dass bei den Passagieren Nachtflüge beliebter seien als Tagflüge. Ein Abflug eines Swiss-Jets in Übersee am Tag würde nur wenige Umsteiger anlocken, da es keine direkten Weiterflüge nach Europa-Destinationen mehr geben würde, betonte der Swiss-Sprecher. Es gibt Beispiele, dass es geht

Das Argument der Swiss, bei neun Stunden Nachtruhe müsse die Langstrecken- und Europaflotte abgebaut werden, träfe nur dann zu, wenn es bei der Flugplanung keinen Spielraum mehr gäbe. Die Befürworter der Initiative sind aber überzeugt, dass eine flexiblere Flugplanung machbar ist. Es gibt nämlich Airlines, die in ostasiatischen Destinationen am Morgen, um die Mittagszeit oder am Nachmittag starten und ausserhalb der Flugverbote auf europäischen Flughäfen ankommen.

Die Singapore Airlines bieten Flüge ab Singapore mit Start kurz nach 1 Uhr an; die Jets landen dann in Zürich erst um 7.30 Uhr. Auch bei Hub-Konkurrenten von Zürich gibt es Landungen von Jets aus dem Fernen Osten während der Tagesbetriebszeit. Es gibt Flüge, die in München um 20 Uhr ankommen, Flüge nach London mit Ankunft um 18.30 Uhr und nach Frankfurt mit Landung um 19 Uhr. Könnten die Passagiere nicht mehr auf Europa- oder andere Überseeflüge umsteigen, würden die Airlines nicht so fliegen.

Tages-Anzeiger, 14.11.2007


siehe auch:
Leserbriefe im TA vom 18.09.2007: Kein Probleme für den Tourismus