Unten bewegt, was oben fliegt (ZSZ)

Publiziert von VFSNinfo am

Flughafen Abstimmung Podiumsdiskussion zu Plafonierungs Initiative und Gegenvorschlag

Am 25. November wird über die Initiative «Für realistische Flughafenpolitik» und den Gegenvorschlag des Kantonsrats abgestimmt. Gestern sind in Zumikon die Wortklingen gekreuzt worden.

Christian Dietz Saluz

Auch wenn es am 25. November nicht um die leidigen Südanflüge geht, bewegt die Flughafenpolitik - zumal Zumikon zu den betroffensten Dörfern zählt, wie FDP-Kantonsrat und Zumiker Gemeinderat Gaston Guex im Gemeindesaal einleitend bemerkte. Sind 250\'000 Flugbewegungen pro Jahr genug, wie es die Initiative verlangt? Oder braucht es mehr Spielraum, wie es der Gegenvorschlag des Kantonsrat empfiehlt? Die Diskussionsleiter, der Chefredaktor der «ZSZ», Benjamin Geiger, und sein Stellvertreter Andreas Schürer entlockten mit spitzen Fragen klare Voten auf dem Podium.

Beat Walti (FDP-Kantonsrat, Zollikon) engagiert sich gegen die Initiative, weil der Flughafen wichtig ist für Kanton und Land - wirtschaftlich und politisch. Thomas Morf (Präsident Verein Flugschneise Süd - Nein) hält die Abstimmung für eine «wichtige Rahmenbedingung». «Der Flughafen ist ein Dauerproblem, ich will mit der Initiative zur Lösung beitragen», sagte Kantonsrat Ruedi Lais (SP, Wallisellen). Lorenz Habicher (SVP) fühlt sich nicht nur als Kantonsrat, sondern auch wegen seines Arbeitsplatzes (SR-Technics) zuständig fürs Thema.

Wie gewonnen, so zerronnen?

Lais hält 250\'000 Flugbewegungen für demokratisch legitimiert. So habe es die Abstimmung zur 5. Ausbauetappe von 1995 definiert. Das reiche für einen Schweizer Flughafen. Walti sieht das Problem mit einer Plafonierung nicht gelöst. Vordergründig liege ein Lärmproblem vor. «Es ist mir bewusst, dass der Flughafen nicht betrieben werden kann ohne breite Vertrauensbasis in der Bevölkerung.» Zum anderen müsse der Flughafen die Nachfrage für den Wirtschaftsstandort Schweiz erfüllen können. Thomas Morf weiss, dass eine (von ihm gutgeheissene) Plafonierung keine Abhilfe für den Lärm bringe. Aber es sei ein erster Ansatz zur Beschränkung. Genau das hält Habicher für den Tod von Flughafen und Swiss. Eine Plafonierung würde Berlin nur auf den Plan rufen, prozentual auch die Anflüge über Süddeutschland von 110\'000 auf 80\'000 zu reduzieren. Der Gewinn für die Südschneiser wäre sofort wieder verloren, folgerte der SVP-Politiker. Lais meinte, dass die SP eher als die SVP dazu beigetragen habe, dass sich die Swiss als Phönix aus der Grounding-Asche erheben konnte. «Deshalb bin ich enttäuscht, wenn man uns jetzt vorwirft, wir riskieren ein zweites Grounding», verteidigte er die Plafonierung.

Direktflüge sprechen für Standort

Beat Walti sprach sich für das Wirtschaftswachstum aus. Die schlechte Anbindung von Zürich an China und Indien zeige, wie sehr der Flughafen unter Zugzwang stehe. «Der Vorwurf eines grenzenlosen Wachstums ist Polemik», meinte der FDP-Kantonsrat. Thomas Morf sieht das «Schreckgespenst» von 450\'000 Flugbewegungen pro Jahr als reale Gefahr. Er macht vor allem die billigen Charterflüge für das grenzenlose Wachstum verantwortlich. Weshalb nicht über Frankfurt nach China fliegen», stellte der «Antischneiser» die provokative Frage. Beat Walti setzt sich uneingeschränkt für den Standort Schweiz ein. Jeder Umsteigeflug bedeute einen Nachteil für die heimische Wirtschaft.

Was die Betriebsrandzeiten betrifft, verteidigte Lorenz Habicher das System: Nur Wirtschaftsmetropolen wie London, Paris und Rom sowie interkontinentale Verbindungen führten zu späten (oder frühen) Ankunftszeiten. Für Ruedi Lais sind nicht diese Flüge problematisch, sondern die Ferienflieger. «Siebenmal Hurgada, sechsmal Sharm ei Sheik über Zumikon an einem Tag, das muss nicht sein», sagte der Initiant. Morf stört, dass der Flughafen von Zürich im Vergleich zu fast allen europäischen Städten viel näher am Stadtzentrum liegt. Und es werde in Zürich von Lufthansa und ihrer Tochter Swiss ein «Afrika-Hub» errichtet. Dem gelte es einen Riegel vorzuschieben. Habicher kritisierte, dass aus der Not der Südanflüge jetzt eine zur Lösung dieses Problems untaugliche Plafonierung verlangt werde. «Für uns ist es die einzige Möglichkeit zu zeigen, dass wir einen Flughafen wollen, aber auch, welchen Flughafen wir wollen», entgegnete Morf. Ruedi Lais hielt an der Forderung von neun Stunden Nachtruhe fest. «Wenn der Süden der Initiative zustimmt, kann das vom Kanton gar nicht anders verstanden werden, als diese Ruhe zu garantieren», sagte er.

ZFI plus nur «Lärm Zement»?

Ist der «Deckel» von 320\'000 Flugbewegungen gemäss Gegenvorschlag zur Initiative tauglich? Habicher glaubt daran, dass der ZFI plus die Belastungen verträglich verteilt. Thomas Morf sagt nur «gequält» ja zum Gegenvorschlag. Letztlich hält er ihn für einen zu schwammigen Rahmen zur Regulierung der Flugbewegungen. Beat Walti plädiert für «Vertrauen in die Regierung». Der Flughafen müsse eine Grösse haben, um die notwendigen Bedürfnisse zu befriedigen. Und nur klare Entwicklungsszenarien des Flughafens böten der Politik die Basis für seriöse Entscheidungen.

Ruedi Lais hält nichts vom ZFI plus. Der Plan reduziere nicht den Lärm, sondern zementiere nur dessen Niveau. Habicher verteidigt den ZFI plus: «Es ist logisch, dass damit eher über dünn besiedeltes Gebiet geflogen wird, indirekt kommt es also dem Süden zugute». Thomas Mon hofft auf wenigstens ein Ja am 25. November. «Zwei Nein würden von der Flughafenlobby als carte blanche verstanden werden.» Die anschliessende Publikumsdiskussion bewies einmal mehr: Es bewegt die Menschen, was über sie fliegt.

ZSZ, 07.11.2007