Welche Flughafenpolitik ist realistisch? (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Am 25. November entscheiden die Stimmbürger, welche Flughafenpolitik sie wollen: Soll der Kanton die Zahl der Flugbewegungen oder der Lärmbetroffenen begrenzen?

Von Liliane Minor

Zürich. – Zwei Flughafenvorlagen stehen am 25. November zur Debatte: Die Volksinitiative «Für eine realistische Flughafenpolitik », kurz Plafonierungsinitiative genannt, sowie der Gegenvorschlag des Kantonsrats. Zwischen diesen zwei Vorlagen können die Stimmbürger wählen, in einer Stichfrage müssen sie sich entscheiden, welche davon in Kraft treten würde, sollte ein doppeltes Ja resultieren.
Die Volkssinitiative verlangt eine Begrenzung (Plafonierung) bei maximal 250 000 Starts und Landungen pro Jahr und eine Nachtflugsperre von 22 bis 7 Uhr. Weil der Kanton Zürich faktisch aber weder über die Bewegungszahl noch über die Nachtflugsperre entscheiden kann, heisst es in der Initiative bloss, «der Kanton Zürich wirkt darauf hin», dass die beiden Werte auf Bundesebene verankert werden. Der Gegenvorschlag will nicht die Zahl der Flugbewegungen, sondern die Zahl der stark vom Lärm betroffenen Anwohner begrenzen. Das Limit liegt bei 47 000 Personen; damit wären rund 320 000 Bewegungen möglich. Ermittelt wird der effektive Wert jährlich mittels einer komplizierten Berechnung. Das Prozedere wird Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) genannt; in einem jährlichen ZFI-Bericht der Regierung soll dem Kantonsrat aufgezeigt werwelche den, wie sich der Wert verändert. Wird die Grenze erreicht, muss die Regierung handeln. Was sie genau unternimmt, ist nicht definiert.
Zusätzlich hat der Kantonsrat in den Gegenvorschlag eine Art Miniplafonierung eingebaut. Wird die Zahl von 320 000 Flugbewegungen im Jahr überschritten, muss der Kantonsrat auf Antrag der Regierung entscheiden, ob der Kanton beim Bund auf eine Bewegungsbeschränkung hinwirken soll. Festgeschrieben wird im Gegenvorschlag ferner eine Nachtruhe von 23 bis 6 Uhr. Letztere wird allerdings ohnehin eingeführt.
Derzeit gilt am Flughafen eine Nachtruhe von 24 bis 6 Uhr, bei Verspätungen kann eine halbe Stunde länger gestartet werden. Die Zahl der Flugbewegungen dürfte dieses Jahr in der Grössenordnung von 270 000 liegen; Rekordjahr war das Jahr 2000 mit 326 000 Bewegungen.
In der Gegnerschaft gegen die beiden Vorlagen ist es zu einer unheiligen Allianz gekommen: Es sind nicht nur flughafennahe Kreise, sondern auch die im Flughafenschutzverband organisierten Gemeinden gegen die Vorlagen. Die Gründe sind nicht dieselben:

  • Unique und Swiss wehren sich gegen beide Vorlagen. Sie erachten jegliche Beschränkung als schädlich für die Wirtschaft.
     
  • Die Gemeinden hoffen auf eine bessere Lösung. Ihnen ist die Volksinitiative zu kompliziert, der Gegenvorschlag dafür zu schwammig, weil er nicht klar definiert, Massnahmen zu treffen sind, wenn zu viele Menschen vom Lärm betroffen werden. Die Gemeinden fürchten, in ihrer Entwicklung eingeschränkt zu werden. Sie warten auf die beiden noch hängigen Behördeninitiativen. Eine davon verlangt einen Plafond bei 320 000 Bewegungen und acht Stunden Nachtruhe, die andere will jeglichen Ausbau der Pisten verbieten.

Gewerbeverband für ZFI

Der Zürcher Gewerbeverband sowie FDP und SVP haben sich hingegen für den Gegenvorschlag ausgesprochen, während sie die Volksinitiative ablehnen:

  • Sie erachten es als flexibler und sinnvoller, die Zahl der Lärmbetroffenen zu begrenzen.
     
  • Neun Stunden Nachtruhe verunmögliche den Betrieb eines Hubs in Zürich. Zürich würde zu einem Regionalflughafen degradiert.
     
  • Völlig unklar sei, mit welchem Instrument die Zahl der Bewegungen begrenzt werden könne.
     
  • Die Volksinitiative laufe der Politik des Bundes diametral entgegen und sei deshalb kaum umsetzbar.

Bürgerverbände für Initiative

Befürworter der Volksinitiative finden sich vor allem in den zahlreichen Bürgerorganisationen rund um den Flughafen, aber auch die Grüne Partei sowie einzelne Wirtschaftsvertreter unterstützen sie. Sie halten die Initiative für die einzig vernünftige Lösung:

  • Es brauche klare Eckwerte für einen Flughafen, der mitten in dicht besiedeltem Gebiet liege. Der Gegenvorschlag biete das nicht.
     
  • Die Wirtschaft könne auch mit einer solchen Beschränkung leben.
     
  • In Bern müsse endlich ein klares Zeichen gesetzt werden. Der Bund könne nicht einfach darüber hinwegsehen.
     
  • Eine Beschränkung der Flugbewegungen sei auch sinnvoll für das Klima.

Tages-Anzeiger, 02.11.2007, Seite 17

 


Kommentar VFSN: Leider gingen diejenigen vergessen, die 2 x JA (Stichfrage: Initiative) empfehlen, wie zum Beispiel der VFSN, SP und GLP