Flughafen: Kein Anreiz für leisere Flieger (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Mit einer Lärmgebühr will der Flughafen verhindern, dass laute Flieger in Zürich landen. Doch diese Abgabe wurde seit Jahren nicht mehr angepasst.

Zürich. - Die lärmabhängige Landegebühr ist eine Lenkungsabgabe und soll die Airlines dazu animieren, Zürich mit leiseren Flugzeugtypen anzufliegen. Eingeführt wurde sie Ende 1980. Seither ist der Anteil der lauten Flugzeuge erheblich gesunken; womit sich die Lärmbelastung verringert hat (siehe Kasten und Grafik). Dazu beigetragen haben die Lärmgebühren.

Nun hat die Flughafenbetreiberin Unique die Abgabe aber seit sieben Jahren nicht mehr angepasst. Heute bezahlen fast 90 Prozent aller Flieger, die in Zürich landen, keine Lärmgebühr mehr. Fliegt die Swiss ihren Heimflughafen mit einem Airbus 340 an, bezahlt sie dafür zwar noch 400 Franken. Für den grössten Teil ihrer Flotte - A320, A321, A319, Avro RJ 85 und 100 - muss sie dem Flughafen aber nichts abgeben. Die Typen fallen alle in die Lärmklasse V, die gebührenfrei ist.

Entsprechend sind die Einnahmen gesunken: Nach der letzten Anpassung der Lärmgebühr flossen schätzungsweise 12 Millionen Franken in die Kassen des Flughafens. Letztes Jahr dürften es noch zwischen 5 und 6 Millionen Franken gewesen sein. Unique weist die Zahlen nicht separat aus. Das Geld geht in den Lärmfonds, der - heute zusammen mit dem Lärmfünfliber, den die Passagiere bezahlen, und Nachtzuschlägen - jene Kosten decken soll, die durch den Fluglärm entstehen. Dazu gehören etwa Schallschutzfenster oder Entschädigungen für allfällige Liegenschaften-Wertminderungen.

Die letzte Gebührenanpassung fand im April 2000 statt. Sie wurde damals damit begründet, dass die Fluggesellschaften ihre Flotten in den Jahren davor mit leiseren Triebwerken ausgerüstet hatten. Zwischen 1994 und 1998 war der Ertrag aus der Lärmgebühr von 7,6 auf 3,7 Millionen Franken gesunken. Darum wurden die Gebühren im Jahr 2000 schliesslich erhöht und die Lärmklassen, in welche die Flugzeugtypen eingeteilt sind, den aktuellen Lärmverhältnissen angepasst: Die damals lautesten Maschinen kamen in die Kategorie 1 und kosteten pro Landung 1000 Franken, die leisesten Typen konnten gebührenfrei aufsetzen. An dieser Einteilung hat sich seither nichts geändert.

Drohen den Fluggesellschaften keine hohen Kosten, sinkt der Anreiz, sich nach leiseren Maschinen umzusehen, darüber sind sich Fachleute einig. «So verliert die Lärmgebühr ihre Lenkungswirkung», sagt etwa Georg Thomann, Leiter der Gruppe Fluglärm bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa in Dübendorf. Auch Odilo Mühling, Sprecher des Triebwerkherstellers MTU Aero Engines in München, weiss aus Erfahrung: «Nur Gebühren oder gesetzliche Bestimmungen führen dazu, dass Airlines nach neuen Entwicklungen verlangen.»

Laut Unique liegt der Grund für die ausbleibende Anpassung «primär darin, dass die Fluggesellschaften im Moment keine grossen Alternativen haben, Flugzeuge mit noch modernerer Triebwerk-Technologie einzusetzen». Richtig ist, dass Flugzeuge wie der Airbus 320 oder die Boeing 737 zu den leisesten auf dem Markt zählen. Noch leisere gibt es noch nicht. Einige Modelle liessen sich laut Experten aber mit neuen, leiseren Triebwerken ausrüsten. Georg Thomann ist überzeugt, dass sich dadurch weitere 5 Dezibel einsparen liessen. Auch Unique weiss von dieser Möglichkeit. Doch die Fluggesellschaften sind davon wenig angetan. Denn, wie Unique-Sprecherin Sonja Zöchling sagt: «Dies wäre mit hohen Kosten verbunden.»

Tages-Anzeiger, 14.04.2007



Kommentar: Zeichen für die Bevölkerung

Von Claudia Imfeld

Die Idee der lärmabhängigen Landegebühr ist anwohnerfreundlich: Fliegt eine Airline Zürich mit lauten Flugzeugen an, muss sie hohe Gebühren zahlen. Laute Flieger tun damit den Fluggesellschaften weh, und zwar dort, wo es sie am meisten schmerzt: bei den Kosten. Wenig oder keine Gebühren zahlt, wer auf leisere Typen wechselt. Das kommt den Bewohnern der Anflugschneisen direkt zugut.

Jetzt verpufft die Wirkung der Gebührenordnung. Die Flugzeuge werden allgemein immer leiser, und Unique hat die Gebühren diesem Trend seit sieben Jahren nicht mehr angepasst. Der Flughafen argumentiert, eine Anpassung würde nur mehr Einnahmen bringen, den Lärm aber nicht reduzieren. Denn auf dem Markt gebe es keine noch leiseren Maschinen. Aber noch fliegen nicht alle Airlines mit den leisestmöglichen Typen. Höhere Gebühren könnten für die Lärmgeplagten also durchaus etwas bewirken.

Die Flughafen AG aber will nicht - und setzt sich damit dem Verdacht aus, zu Lasten der Anwohner die Fluggesellschaften zu schonen. Das ist jetzt, da die Plafonierungsinitiative droht, das falsche Signal. Eine Anpassung der Lärmgebühren aber wäre ein positives Zeichen für die schallgeplagte Bevölkerung.