Brutto oder netto? (ZU)

Publiziert von VFSNinfo am

Unterland Kantonsräte sind sich uneinig worüber sie abgestimmt haben

Der Kantonsrat hat vor einer Woche den «ZFI plus» abgesegnet. Mit oder ohne Verspätungsabbau? lautet die Gretchenfrage.

Patrick Huber

Die Verunsicherung unter den kantonalen Parlamentariern ist nach der Flughafendebatte vor zehn Tagen («ZU» 27. März) gross. Beinhaltet der verabschiedete «ZFI plus» nun einen Verspätungsabbau von einer halben Stunde (Bruttowert) oder sind die sieben Stunden Nachtruhe netto zu verstehen, also ohne Verspätungsabbau? Dabei geht es um eine halbe Stunde Toleranz, die der Flughafen benötigt, um verspätete Flugzeuge in Kloten noch landen zu lassen.

Die Nachtruhe im gegenwärtigen provisorischen Betriebsreglement dauert von 24 bis 6 Uhr, wobei bis 0.30 Uhr eine Toleranzspanne gilt. Bei Annahme des «ZFI plus» würde die Nachtruhe neu sieben Stunden dauern; käme ein allfälliger Verspätungsabbau noch hinzu, «nur» noch sechseinhalb Stunden.

Viel «Juristenfutter»

«Am Schluss habe ich gar nicht mehr gewusst, worüber wir eigentlich abgestimmt haben», gibt eine Kantonsrätin zu verstehen. Priska Seiler Graf (SP, Kloten), die in der Kevu (Kommission für Energie, Verkehr und Umwelt) den Minderheitsantrag unterstützt hat, verweist darauf, dass sich der Wert im erläuternden Bericht des Regierungsrats vor der Abstimmung im November auf das im Rat Gesagte abstütze. Vieles sei «Juristenfutter», müsse doch zuerst einmal definiert werden, was Nachtsperre und Nachtruhe bedeuteten.

In der Volkswirtschaftsdirektion (VD) ist man sich einig, was den «ZFI plus» betrifft: «Wir gehen von sieben Stunden brutto aus», so die stellvertretende Kommunikationsverantwortliche Daniela Sikic. Zu dieser Erkenntnis sei man nach intensiven Gesprächen mit Experten gekommen. Dies werde auch in den erläuternden Bericht vor der Volksabstimmung einfliessen.

«Ich gehe vom Nettowert aus»

Für den Bülacher Kantonsrat Martin Mossdorf (FDP) ist die Sache klar: «Ich sehe die sieben Stunden als Nettowert.» Wenn Bern erfahre, dass Zürich den Wert als Bruttowert definiere, würde bald einmal die Meinung aufkommen, «dass da noch mehr drinliegt».

Auch der Klotener Vertreter Peter Reinhard (EVP) erachtet den «ZFI plus» als Nettowert. Er denkt aber bereits schon weiter. Sollte sich der Indexwert als geeignetes Controlling Instrument erweisen, würden bestimmt auch andere internationale Flughäfen auf den Zug aufspringen und den Wert übernehmen, meint der langjährige Parlamentarier. Der grüne Kantonsrat Robert Brunner (Steinmaur) zeigte sich von der Debatte wenig begeistert. «Es ist alles Pfusch im Quadrat!» Bis und mit Redaktionslesung habe von Lesung zu Lesung immer irgendetwas nachgebessert werden müssen. Zuerst sei der Minderheitsantrag nicht verfassungskonform gewesen, dann sei in der VD «nachgeflickt» worden, und am Schluss hätten die Unterländer Kantonsräte offenbar nicht mehr gewusst, worüber sie eigentlich abgestimmt hätten, sagt das Kevu Mitglied.

Keinen Sand in die Augen streuen

«Dem Volk wird Sand in die Augen gestreut», ist Brunner überzeugt. Der Regierungsrat könne nämlich nur darauf hinwirken, dass eine entsprechende Nachtflugsperre im Betriebsreglement verankert werde. Den endgültigen Entscheid fälle aber das Bundesamt für Zivilluftfahrt. Viel wichtiger sei, was im Rahmen des SIL Prozesses (Sachplan Infrastruktur Luftfahrt) im Objektblatt für den Flughafen Zürich festgesetzt werde, denn in der Raumplanung liege die Hoheit beim Kanton, der Bundesrat könne das Objektblatt bewilligen oder ablehnen, abändern könne er es jedoch nicht.

Noch nicht mit der neuen Ausgangslage auseinandergesetzt hat sich der Vorstand des Schutzverbands. Präsident Peter Staub macht jedoch keinen Hehl daraus, dass ihm der Kantonsratsentscheid keine Freude bereitet hat.

Zürcher Unterländer, 04.04.2007, Seite 12