«Wir wollen die Oberländer sensibilisieren» (AVU)

Publiziert von VFSNinfo am
Thomas Morf befürchtet, das mit dem Sachplan Infrastruktur Luftfahrt die Südanflüge zementiert werden

Am kommenden Dienstag informiert Thomas Morf vom Verein Flugschneise Süd - Nein in Uster über die möglichen Auswirkungen des SIL und des gekröpften Nordanflugs im Zürcher Oberland.

Interview Christian Brütsch

AVU/ZO: Sind Sie den gekröpften Nordanflug schon geflogen?
Thomas Morf: Ja, zusammen mit Professor Clark vom MIT konnte ich den gekröpften Nordanflug im MD-11-Simulator zehnmal problemlos fliegen - als Passagier.

Und es funktionierte als Sichtanflug?
Ja, sogar noch mehr, es waren alles astreine ILS-Anflüge (Anflüge mit dem Instrumenten-Lande-System). Wir sind mit Autopilot und den eingegebenen Wegpunkten entlang des gekröpften Nordanflugs geflogen. Nach dem «Einklinken» auf den ILS-Strahl wurden wir von diesem sicher auf die Piste 14 geleitet.

Über die Einführung hört man alle möglichen Zeitrahmen. Was ist realistisch?
Dies hängt vom politischen Willen ab. Man erinnere sich an die zusätzlichen Ostanflüge und die Südanflüge. Ein Bundesrat unterschrieb ein Protokoll, in dem geschrieben steht «Die Eidgenossenschaft verpflichtet sich...» - und alle Termine wurden auf den Tag genau eingehalten. Mit dem Endanflug auf Sicht konnte der Gekröpfte bereits geflogen werden. Im Moment meint das Bazl, dass er im Herbst «bewilligungsfähig wäre». Das ist schon ein kleiner Lichtblick.

Wo klemmt es dann?
Eigentlich stehen alle hinter dem Anflug. Von der Bevölkerung über die Zürcher Regierung bis Unique, und auch die Wirtschaftsverbände begrüssen ihn. Sogar der Aargauer Regierungsrat hat sich positiv dazu geäussert. Nur fehlt das Herzblut hinter diesen Bekenntnissen. Sie rufen zu wenig laut nach Bern.

Aber ist der Anflug überhaupt so toll und verfügbar? Mass spricht von lediglich 150 Tagen, an denen er geflogen werden kann.
In einem ersten Schritt, wo der Endanflug auf Sicht geflogen werden muss,
hängt die Verfügbarkeit von meteorologischen Bedingungen ah. Nach dem zweiten Schritt, mit einem Endanflug mit ILS, kann der Gekröpfte die zusätzlichen Ostanflüge und die Südanflüge ersetzen. Man hätte dann eigentlich wieder die Nordausrichtung der letzten 50 Jahre hergestellt.

Der Abstand zur deutschen Grenze wird heftig diskutiert. Was ist Sache?
Aufgrund meines aktuellen Wissens braucht es keine 3,5 nautische Meilen Abstand. Ich hin zurzeit an dieser Frage sehr intensiv dran. Ich hoffe, dass ich nach Überprüfung der Daten durch Fachpersonen am Dienstag in Uster brisante, gute Nachrichten verkünden kann.

Die Reaktionen auf den neuen ILS-Anflug auf Piste 28 waren im Oberland gering. Kommen Sie nach Uster, um den Leuten zu erklären, dass sie Lärm haben?
Wir möchten vor allem die Bevölkerung im Zürcher Oberland sensibilisieren. Ich freue mich über die Unterstützung durch die Stadt Uster. Speziell freut es mich, dass Martin Bornhauser auch als Redner auftreten wird.

Was wird Ihre Rede beinhalten?
Es gab schon immer Überflüge im Oberland. Einerseits Südanflüge und seit dem Herbst vermehrt such Anflüge auf die Piste 28, also Ostanflüge. Ich möchte den Oberländern aufzeigen, dass dies nur der Anfang ist. Natürlich gehe ich auf den SIL-Prozess (Sachplan Infrastruktur Luftfahrt) ein. Der basiert darauf, dass im Jahr 2030 450000 Flugbewegungen auf dem Flughafen Zürich nachgefragt werden. Man rechnet mit einer maximalen Kapazität von 100 Flugbewegungen pro Stunde. Und das heisst nichts anderes, als dass alle 36 Sekunden ein Flugzeug in Zürich starten oder landen wird. Dann wird das Oberland viel stärker belastet. Aber dann ist es zu spät.

Möchten Sie die Oberländer Bevölkerung warnen?
Es ist wichtig, dass sich die Zürcher Oberländer Bevölkerung jetzt wehrt. Im süddeutschen Raum oder im äussersten Thurgau wird Zeter und Mordio geschrien, wie tief und wie laut die Flugzeuge seien. Dabei sind dort die Überflughöhen ähnlich wie im Zürcher Oberland. Entweder übertreiben also die einen, oder die anderen sind schwerhörig.

Was bringt der SIL?
Der SIL definiert nicht von wo und nach wo an  und abgeflogen wird. Er definiert lediglich einen Rahmen. In diesem Rahmen kann der Flughafen dann An- und Abflugrouten in einem Betriebsreglement beantragen. Das ist ein Planungsinstrument wie der kantonale Richtplan oder der zurzeit heftig diskutierte Verkehrsplan. in einem solchen Richtplan will man Optionen für eine Entwicklung offen lassen. Der SIL ist aber auch extrem gefährlich.

Weshalb?
Die Rechtsverfahren für die Südanflüge werden seit drei Jahren verschleppt. Ich bin überzeugt, wenn die Reko/Inum (Rekurskommission Infrastruktur und Umwelt) abgelöst per 31. 12. 2006. Die Geschäfte wurden ans Bundesverwaltungsgericht überführt. Anm. der Red.) nur den kleinsten Anhaltspunkt gefunden hätte, um die Südanflüge für rechtens zu erklären, hätte sie das getan. Der SIL kann aber die Grundlagen für permanente Südanflüge schaffen, ohne dass eine gerichtliche Instanz entschieden hätte und ohne Rekursmöglichkeit.
Wenn der SIE definitiv und vom Bundesrat abgesegnet ist, dann gibt es keine weitere Instanz. Das muss man sich bewusst sein.

Wie geht es weiter?
Wir hatten schon einige Highlights. So sagte beispielsweise Bundesrat Moritz Leuenberger, dass der gekröpfte Nordanflug nicht an den SIL gebunden ist. Der werde parallel dazu vorangetrieben. Der gekröpfte Nordanflug muss jetzt einfach geflogen werden.

Auch wenn die Deutschen dagegen sind?
Man spricht immer von Verhandlungen mit Deutschland. Ja, mit was wollen wir denn verhandeln? Wenn der gekröpfte Nordanflug eingeführt ist, und der passt den Deutschen nicht, dann haben wir etwas zu verhandeln. Dann merkt man vielleicht sogar, dass man mit den modernen Navigationstechnologien wie früher gerade anfliegen könnte und dabei eine Halbierung des Lärms erreichen würde. Dann hätten wir nur Gewinner.

Kürzlich wurde in der Sonntagspresse ein Artikel veröffentlicht, der klar machte, dass der Bauboom in der Südschneise ungebremst weitergeht.
Diese Thematik tat mir nicht geläufig. Es gibt anscheinend Menschen, die bei der Wohnungswahl die Südanflüge in Kauf nehmen, weil sie andere Faktoren stärker gewichten. Was ich mit Bestimmtheit sagen kann: Diejenigen, die schon vor den Anflügen in der Südschneise wohnten, die leiden. Sie haben sich nicht daran gewöhnt, und sie werden sich nie daran gewöhnen.


Thomas Morf und Stadtpräsident Martin Bornhauser informieren am 6. Februar ab 19:30 Uhr im Stadthofsaal Uster über die aktuelle Lage.

Thomas Morf erklärt anhand von aktuellen Flugspuren, wie stark das Oberland bereits heute von Überflügen betroffen ist.


siehe auch: Infoabend in Uster

Das Interview als PDF (108 kB)