Zürcher Fluglärm-Index: Neukomm gegen Fuhrer (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Expertenstreit um den Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) wird zum Streit zwischen der Stadt Zürich und dem Kanton. Mit dem Zürcher FluglärmIndex will der Regierungsrat die Plafonierungsinitiative bekämpfen, doch der ZFI hat einen prominenten Kritiker: Carl Oliva, einer der Mitentwickler des ZFI, hat diesen als kaum tauglich kritisiert – in einem Gutachten, das er im Auftrag der Stadt Zürich erstellt hat. Jetzt schlägt sich die Stadt auf die Seite Olivas. Die Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer und der städtische Gesundheitsvorstand Robert Neukomm haben sich am Dienstag und Mittwoch in Medienmitteilungen ihre unterschiedliche Wertung des Oliva-Gutachtens und des ZFI um die Ohren geschlagen.

Fuhrer: Oliva überzeugt nicht
 
Oliva war zum Schluss gekommen, dass der ZFI stärker auf die Bevölkerungsentwicklung reagiere als auf die Entwicklung der Flugbewegungen, dass er also tendenziell vom Luftverkehr abgekoppelt werde. Zudem würden flughafennahe Gebiete benachteiligt, da flughafenferne Gebiete genau gleich gewichtet würden. Er schlägt als Alternative den «Balanced Approach» vor, den die Internationale ZivilluftfahrtOrganisation (ICAO) 2001 voranzutreiben beschlossen hat.
Der «Balanced Approach» kombiniert drei Faktoren: Der Flughafen erhält ein Lärmquotenbudget, die Summe des Lärms, die dem Flughafen für den Flugbetrieb zur Verfügung steht. Als Ergänzung werden dem Flughafen fixe Schallbelastungsflächen zugeteilt, innerhalb derer ein bestimmter Grenzwert nicht überschritten werden darf. Und als drittes Element wird in den Belastungsflächen die Zahl der Personen limitiert, die als «stark gestört» bezeichnet werden können.
Am Dienstag hatte Rita Fuhrer mitteilen lassen, das Gutachten Oliva widerlege den ZFI nicht, im Gegenteil, er unterstütze seine Stossrichtung. Die von Oliva behaupteten Nachteile seien meist Vorteile. Wenn die wachsende Bevölkerung einen massgeblichen Einfluss auf den ZFI habe, spreche das für ihn. Gemessen werde nicht die Belastung, sondern die Belästigung. Auch die Gleichbehandlung der flughafennahen und flughafenfernen Gebiete sei positiv. Wenn die stark belästigten Personen in flughafenfernen Gebieten nicht beachtet würden, führe dies zu einer kleineren Zahl dieser Personen und damit zu mehr Spielraum für den Flughafen.
Abgesehen davon sei die Kritik Olivas nicht neu, hält Fuhrer weiter fest. Sie sei schon in der ZFI-Expertengruppe erörtert worden. Den «Balanced Approach» habe Oliva ebenfalls schon in der Expertengruppe vorgeschlagen. Der Ansatz setze aber Zeit raubende Erhebungen voraus, deren Akzeptanz sich erst noch erweisen müsse und die sich nicht rasch umsetzen liessen. Fuhrer schliesst allerdings nicht aus, dass der «Balanced Approach» langfristig in die weitere wissenschaftliche Entwicklung des ZFI einfliessen könnte.

Neukomm: Fuhrer überzeugt nicht

Fuhrers Ausführungen überzeugten die Stadt offensichtlich nicht. Gestern hielt Gesundheitsvorstand Robert Neukomm in einer Mitteilung trocken fest, der ZFI genüge noch nicht. Er sei intransparent, bestehe nur aus einer einzigen Zahl und mache nicht ersichtlich, welche Massnahmen allenfalls getroffen werden müssten. Der «Balanced Approach» sei die bessere Alternative. Er biete einen stärkeren Schutz für flughafennahe und höchst belastete Gebiete wie etwa Schwamendingen. Die Erkenntnisse des Gutachtens müssten in die Entscheidfindung des Kantons einfliessen.

29.11.2006, TA Seite 18