Artiger Applaus und sonst nichts (ZSZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Meilen: Regierungsrätin Rita Fuhrer auf «Verständnis Tour für Flughafenpolitik der Regierung

Kaum Gehör für Fluglärm-Index

Zwei Initiativen zum Flughafen Zürich liegen vor. Beide lehnt der Regierungsrat ab. Für dessen Politik geht Rita Fuhrer auf Werbefeldzug - gestern in Meilen.

von Christian Dietz Saluz

Die Volkswirtschaftsdirektorin hat es nicht leicht. Sie macht für den Gegenvorschlag des Zürcher Regierungsrats Stimmung. Mit dem Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) sollen sowohl einer Volksinitiative (maximal 250 000 Flugbewegungen pro Jahr, neun Stunden Nachtruhe) als auch einer Behördeninitiative (320 000 Flugbewegungen und achtstündige Nachtruhe) der Wind aus den Segeln genommen werden. Bloss ist der ZFI kompliziert.

Kein grosser Aufmarsch

Der ZFI basiert auf einer Mischkalkulation von Lärm, Uhrzeit und Anzahl überflogener Bewohner. Je lauter, je später in der Nacht und je mehr beeinträchtigte Menschen, desto eher wird das Flugkontingent ausgeschöpft. Das ist also eher ein Modell für Technokraten und Mathematiker. Neben der schwierigen Erklärbarkeit des ZFI kämpft Regierungsrätin Rita Fuhrer mit einem zweiten Nachteil: Ihr Werbefeldzug führt durch alle Bezirke im Kanton. Manchenorts mobilisiert das Thema kaum ein Dutzend Zuhörer, weil die Betroffenheit in der Region mangels Anflugkorridor fehlt.

Andernorts stolpert sie sprichwörtlich in die Höhle des Löwen, wo die «Schneisen» keine Rechnungen, sondern nur die Rückkehr in alte Zeiten erwarten, als es noch den Nordanflug über Deutschland gab - und sonst gar nichts. Genau diesem Publikum stellte sich gestern die Volkswirtschaftsdirektorin in der Aula Allmend in Meilen. Nur kam es gar nicht so zahlreich, wie erwartet werden durfte. Bloss etwas mehr als 100 Personen (vor allem aus den am stärksten betroffenen Gemeinden entlang des Anflugkorridors waren Delegationen anwesend) liessen sich von der SVP-Regierungsrätin informieren, weshalb ZFI besser sein soll als die Volksinitiative oder die Behördeninitiative. Insbesondere der Wirtschaft müsse Spielraum gegeben werden, wogegen ihr bei einer Plafonierung der Flugbewegungen Fesseln angelegt würden. Fuhrer beteuerte, alle Interessen zu vertreten: von der Wirtschaft bis zur Bevölkerung, von den Flughafenbetreibem bis zu den Auflagen des Bundes. Die Botschaft kam zwar unter die Leute aber Gehör gefunden hat sie nicht. Der Widerstand gegen den Südanflug bleibt am Pfannenstiel ungebrochen

 

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Meilen: Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer informierte über den Zürcher Fluglärm Index

Artiger Applaus und sonst nichts

Was kann der Zürcher Fluglärm-Index (ZFI)? Regierungsrätin Rita Fuhrer hat das gestern Abend in Meilen vor rund 120 Personen erklärt.

Auch, was der ZFI nicht kann. Bekehrt hat sie nur wenige.

von Christian Dietz-Saluz

«Die Regierung verfolgt eine Politik, welche die Bedürfnisse der Bevölkerung abdeckt.» Schon dieses Eingangsvotum der Volkswirtschaftsdirektorin wird mit höhnischem Gemurmel quittiert. Die Fronten sind abgesteckt: oben auf dem Podest Rita Fuhrer, unten jene, die sich seit 30. Oktober 2003 vom morgendlichen Südanflug in ihren Rechten eingeschränkt fühlen. Daran ändern auch andere Argumente der Regierungsrätin nichts: Mobilität, Arbeitsplätze, Bedeutung der Wirtschaft, Attraktivität des Kantons, der sich der Entwicklung und nicht dem Stillstand oder gar Rückschritt verschreibt.

Dennoch soll die Zahl der vom Fluglärm Geschädigten begrenzt werden, nähert sich die SVP-Politikerin dem Thema des Abends. Keine Scheinheiligkeit, sondern Transparenz, offene Zahlen, die messbar sind, sollen die Grenzen aufzeigen, sagt Fuhrer. Das ermögliche der ZFI. Veränderungen sollen festgestellt, Ursachen erforscht werden, woher die Lärmbelästigung stammt. Unverhohlenes Lachen aus dem Publikum drückt aus: «Wir wissen, woher der Fluglärm kommt - das muss man nicht erst ermitteln.»

Kein Stimmungswandel

Während die Regierungsrätin ihre schon an zehn Stationen der ZFI-Werbetournee gehaltene Rede hält, sind im Saal immer öfter Unmutsäusserungen zu vernehmen. Geflüstert oder auch nicht. Fuhrer spricht auch über die Meinungsverschiedenheiten zwischen der Zürcher und der Schweizer Regierung. Zürich setze sich etwa für schärfere Richtwerte bei der Bemessung von Lärmbelästigung ein. Applaus heimste sie dafür nicht ein. Das Publikum bleibt skeptisch. Nach einer halben Stunde verlässt der erste «Gelbkäppler» die Aula Kopf schüttelnd. Andere bezeugen ihrem Sitznachbarn mit abschätziger Handbewegung, was sie von den Worten der Regierungsrätin halten. Eine Frau lacht, sie will die Botschaft nicht ernst nehmen. Wieder verlassen drei «Schneiser» den Saal, Fuhrer setzt unbeirrt ihre Rede fort.

«Der Fluglärm-Index kann nicht alles», fasst die Volkswirtschaftsdirektorin zusammen. Hier erntet sie Zustimmung. Dann gerät sie aber gleich wieder in die Mangel. «Quatsch», «Das stimmt do nöd», wird gerufen. Der Abend wirkt wie eine Pflichtveranstaltung. Rita Fuhrer muss die Position der Regierung unters Volk bringen, die andern lassen sich ihre Vorbehalte nicht nehmen. Sogar ein Hund in der Aula knurrt. Was soll da ein Referat - wenn auch mit artigem Applaus bedacht - ausrichten können? Daran ändert auch die Diskussion nichts, weil auf keine Frage die erwünschte Antwort kommt. Nämlich den Südanflug ganz abzustellen.

ZSZ, 21.09.2006