Regierung setzt auf Fluglärm-Index (TA)

Publiziert von VFSNinfo am
Der Regierungsrat will mit einem Fluglärm-Index die vom Fluglärm betroffenen Menschen ins Zentrum stellen und damit die Volksinitiative zur Plafonierung der Flugbewegungen in Kloten bodigen.

Die Zürcher Regierung will, dass künftig maximal 47\'000 Menschen durch Fluglärm stark belästigt werden, wie Regierungsrätin Rita Fuhrer bekannt gab. Damit steht eine neue Zahl im Raum. Sie bezieht sich aber nicht auf die Flugbewegungen oder die Dauer der Nachtruhe, wie dies die Initiative tut. Diese fordert eine Beschränkung der Flüge auf 250’000 und neun Stunden Nachtruhe.

Der Regierungsrat halte ein Konzept zur Bekämpfung des Fluglärms für untauglich, das lediglich auf die Begrenzung der Flugbewegungen abziele, sagte Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer. «Vor allem auch aus volkswirtschaftlicher Sicht.»

«Für den Regierungsrat sind bei der Bekämpfung des Fluglärms die betroffenen Menschen das wichtigste Kriterium», sagte Fuhrer. Und im Falle des Flughafens vor allem vom Lärm belästigte Menschen. Mit dem Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) habe man nun ein Instrument zur Verfügung, die Veränderung der Fluglärmbelästigung zu erfassen.

Belästigung statt Belastung

Der ZFI orientiert sich an der Lärmbelästigung und nicht an der Lärmbelastung. Lärmbelastung ist exakt in Dezibel messbar. Die Lärmbelästigung hingegen wird individuell wahrgenommen. Folglich erfasst der ZFI die Zahl der lärmbelästigten Personen nicht absolut.

Die Lärmforschungsexperten unter der Leitung von Robert Hofmann haben deshalb einen Richtwert erarbeitet. Er legt die maximal zulässige Grenze der durch Fluglärm am Tag stark belästigter sowie im Schlaf stark gestörter Personen fix bei 47\'000 fest.

Für die Berechnung des fixen Richtwertes wurden folgende Eckwerte definiert: Die Flugbewegungen aus dem Jahr 2000 (326’000), die Bevölkerungszahl aus dem Jahr 2000, der Flottenmix aus dem Jahr 2004, die An- und Abflugrouten aus dem Jahr 2004 sowie die geltende Nachtflugsperrordnung von sieben Stunden.

Jährliches Monitoring

Der fixe Richtwert ist ein Bestandteil des ZFI. Hinzu kommt ein jährlich erhobener Monitoringwert, der die veränderte Belästigung sowie deren Ursachen wiedergibt. Bestandteil ist auch ein jährlicher Bericht des Regierungsrates, der die veränderte Belästigung und deren Ursachen dem Kantonsrat und der Bevölkerung aufzeigt.

Neben Richtwert, Monitoringwert, Bericht des Regierungsrates gehören als viertes Element allenfalls Massnahmen zur Lärmreduktion zum ZFI. Als mögliche Massnahmen nannte Fuhrer unter anderem die Einflussnahme auf die Raumplanung oder Vorsprachen beim Bund.

Fuhrer ist überzeugt, mit dem ZFI ein Instrument in der Hand zu haben, mit dem man politischen Druck erzeugen könne, falls der Richtwert nicht eingehalten werde.

Unterschiedliche Reaktionen bei Initiativen und Verbänden

Der Vorschlag löste widersprüchliche Reaktionen aus. Für das «Initiativkomitee für eine realistische Flughafenpolitik» ist der Richtwert inakzeptabel. Auch andere Fluglärmkritiker zeigten sich skeptisch, so etwa die Organisation Bürgerprotest Fluglärm Ost, das Fluglärmforum Süd, die Grünen, Grünliberale und die SP.

Ein sinnvoller Ansatz ist der Index demgegenüber für die Vereinigung Pro Flughafen Zürich und das Komitee «Weltoffenes Zürich» und für die FDP. Das Komitee «Nein zur Demontage unseres Flughafens» und der Luftfahrt-Dachverband Aerosuisse warnen davor, dass mit dem Index der Entwicklung des Flughafens weitere Einschränkungen auferlegt werden. (grü/mu/raa/sda/ap)

TA, 24.08.06



siehe auch:
Aus AsbP wird ZFI – eine Pionierleistung in der Fluglärmproblematik (Medienmitteilung VFSN)
«Der Richtwert ist nicht greifbar» (Leserbriefe TA)
Rita Fuhrers «Verwirrformel» (Leserbriefe TA)
Gegenvorschlag des Regierungsrates zur Plafonierungsinitiative (Medienmitteilung des Regierungsrates)
Dieser Richtwert ist inakzeptabel (Initiativkomitee)
Skepsis gegenüber Fluglärm-Index überwiegt (NZZ)
Ein Beispiel nicht zu übertreffender Transparenz (Bild des Monats: August 2006)
Weshalb der Index ist, wie er ist (TA)
«Lex Bäumle» zeigte Wirkung (ZOL)
Zürcher Fluglärm-Index als Gegenvorschlag ungeeignet (Fluglärmforum Süd)
«Die Probleme sind nicht gelöst» (Sonntagszeitung)


Die Alternative zur Verwirrformel: Flughafeninitiative JA