Offener Brief ans BAZL (VFSN)

Publiziert von VFSNinfo am
Sehr geehrte Damen und Herrn

Rauer Gegenwind für Fluglärmgegner im ganzen Land
Egal, ob in Basel, Bern oder Zürich - umstrittene Anflugrouten werden hart bekämpft. Die Gegner setzen sich vehement dafür ein, dass der Fluglärm über Wohngebieten nicht noch mehr zunimmt. Das findet viel Gehör in der Bevölkerung, aber nicht bei Ihnen, dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL).   Sie stellen sich taub, obwohl der Lärm ohrenbetäubend ist. Was ist es, das die nationale Flugbehörde dermassen auf stur schalten lässt? Geht es um Sicherheitsfragen oder spielen innen- und aussenpolitische Argumente eine zentrale Rolle? Oder sind es letztlich nur Ausreden, damit die Flughäfen schwarze Zahlen schreiben können? Eines ist klar: Beim Stichwort Anflug blinken die Warnlampen und das nicht nur auf dem Rollfeld, sondern vor allem in den Köpfen der Bevölkerung. Ob in Zürich, Basel oder Bern - das Thema Anflug beschäftigt viele Menschen in der Nähe von Flughäfen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Hub wie Kloten oder einen kleineren Flughafen handelt. Eines fällt überall auf: Die Flughafenbetreiber drängen mit Unterstützung der nationalen Flugbehörde auf mehr Kapazität. Dabei sind die Gegenargumente überall ähnlich und die Gegner zahlreich. Es geht um die Gesundheit der lärmgeplagten Bevölkerung. Ein Blick nach Basel zeigt: Auf dem Euro-Airport Basel-Mülhausen hat im Jahr 2017 der Anteil der umstrittenen Südanflüge die kritische Zehn-Prozent-Marke überschritten. Seit 2007 führen diese über dicht besiedeltes Gebiet. Dagegen wehren sich seither die betroffenen Schweizer Gemeinden. Der Flughafen Basel verkündete am 24.4.2018 man wolle bis Ende 2019 die Anzahl Starts zwischen 23 und 24 Uhr halbieren. Dass hiermit jedoch das Niveau von 2014 avisiert wird wurde geflissentlich verschwiegen. Obwohl der Südanflug dann benützt werden darf, wenn der Rückenwind eine bestimmte Stärke erreicht, muss vermutet werden, dass die Südpiste vermehrt auch sonst als valable Option angesehen wird. Angesichts der wirtschaftlichen Interessen der Flughafenbetreiber ist das zwar nachvollziehbar. Leidtragend ist aber immer die Bevölkerung.

Auch in der Region Bern regt sich seit Jahren Widerstand gegen den Südanflug auf Belpmoos. Nach der öffentlichen Ausschreibung der Südpiste wurden zahlreiche Einsprachen gegen das Projekt erhoben. Das BAZL hat den Südanflug letztlich doch bewilligt, entgegen aller Widerstände der Bevölkerung. Seit Jahren setzt sich der Flughafen für seinen Südanflug ein und genau so lange kämpfen hunderte von Einzelpersonen, Organisationen und Gemeinden dagegen. So hat zum Beispiel der Gemeinderat von Münsingen im Kanton Bern beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht. Mehr als 300 Einsprachen gingen gegen die Pläne des Flughafens Bern-Belp ein. Dem BAZL waren all diese Reaktionen aus der Bevölkerung gleichgültig; Sie haben nie darauf reagiert. Unter den Kritikern des Südanflugs in Bern befinden sich aber nicht nur Lärmgegner. Die Kritik kommt auch von unerwarteter Seite. Sogar flugsportbegeisterte Kreise sind von der unnachgiebigen und nicht nachvollziehbaren Haltung des BAZL entrüstet. So wehren sich diverse Berner Sport- und Aviatikverbände gegen die Südanflüge. Sie wären von neuen Einschränkungen im Luftraum betroffen. Wird beim Flughafen Bern-Belp der Südanflug eingeführt, betrifft dies zum Beispiel auch die Gleitschirmflieger. Auch sie fühlen sich von Ihnen und von den Flughafenbetreibern übergangen. Den Südanflug bezeichnete kürzlich ein engagierter Gleitschirmpilot als «Schlag ins Gesicht» der Gleitschirmpiloten, die sich stets kompromissbereit gezeigt hätten. Wenn sogar Gemeinden und flugaffine Kreise im Dialog mit Ihnen Schiffbruch erleiden und an Ihrer Transparenz zweifeln, ist es erlaubt, weitere kritische Fragen aufzuwerfen.

In Zürich muss die Bevölkerung seit 14 Jahren Südanflüge ertragen, nachdem vor fast 20 Jahren ein Staatsvertrag mit Deutschland scheiterte. Auch in Basel spielen internationale Abkommen bei der Flugroutenbestimmung eine Rolle. Doch sowohl in Basel wie auch in Bern werden alle Gegenstimmen mit dem Totschlagargument der Flugsicherheit zum Schweigen gebracht. Das versuchte auch der Flughafen Kloten, doch diese Argumente wurden überzeugend widerlegt. Dabei scheint es auf der Hand zu liegen, dass manche Entscheidungen auf wirtschaftlichen Überlegungen basierten; jenen der Flughafenbetreiber oder auch – was es nicht besser macht – jenen der Kantone oder des Bundes. Man stellt die wirtschaftlichen Interessen über jene der lärmgeplagten Bevölkerung. Alle Schweizer Flughäfen sind seit ihrer Eröffnung sicher, sonst dürften sie nicht betrieben werden. Man fragt sich wessen Interessen das BAZL vertritt. BR Doris Leuthard, welche auch für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation zuständig ist, betont bei jeder sich bietenden Gelegenheit wie wichtig ihr die Anliegen der Bevölkerung sind. Bei diesem Dossier findet sie aber offensichtlich nur Gehör für die Vertreter der Flughäfen und im Falle von Zürich für die deutsche Swiss. Vielleicht will sie aber auch ihren Heimatkanton Aargau schützen, sonst hätte sie sich für den leicht realisierbaren gekröpften Nordanflug eingesetzt. Auch das Bundesamt für Umwelt scheint sich nicht für die Gesundheit der Bewohner zu interessieren. Eine von ihrem Departement vor Jahren in Auftrag gegeben Gesundheitsstudie wurde bis heute nicht veröffentlicht, obschon sie mit Steuergeldern finanziert wurde.

Nötig wären mutige und wegweisende Entscheide wie die Limitierung der Flugbewegungen, eine Besteuerung des Kerosins und lenkungswirksame Flughafengebühren für Flugzeuge und Passagiere, so wie dies umverkehR & KLUG und 16 weitere Organisationen in ihrem offenen Brief vom 9.4.2018 an BR Leuthard gefordert haben.

Mit freundlichen Grüssen
Verein «Flugschneise Süd – NEIN»

Eduard M. Rosenstein
Präsident

Medienmitteilung, 05.06.2018