Tages-Anzeiger verweigert Publikation unseres Gastkommentars (VFSN)

Publiziert von VFSNinfo am
Immer häufiger erreichen uns Klagen und der Wunsch, etwas gegen die einseitige Berichterstattung des Tages-Anzeiger zu unternehmen. Insbesondere stören sich unsere Mitglieder an den diversen "Werbefeldzügen" für Südanflüge, Fluglärmverteilung (sprich; Konzentration des Lärm im Süden) und die ständigen Forderungen nach Südstarts geradeaus. Deshalb   gelangte der VFSN mit dem Wunsch an den Tages-Anzeiger, in einem Gastkommentar die Argumente der direkt Betroffenen zu veröffentlichen. Der Beitrag war bewusst aus einer etwas übergeordneten Optik verfasst.

Die abschlägige Antwort des Tages-Anzeigers lautete:
Allerdings scheint mir da sehr viel aufgewärmter Wein in neuen Schläuchen zu stecken. Ich sehe nicht viel mehr darin, als die schon lange üblichen Anmahnungen der Flughafengegner - unter geflissentlichem Weglassen der Gegenargumente, die nicht ins Konzept passen. Damit sind ja unsere Kommentar- und Leserbriefspalten ohnehin schon bis zum Bersten angefüllt. Ich sehe da offen gestanden keinen Ansatz für einen spannenden Gastartikel.

Kommentar VFSN: Geflissentliches Weglassen der Gegenargumente? Wieso sollten wir diese meist nicht über alle Zweifel erhabenen „Argumente“ auch noch bringen? Diese übernimmt doch der Tages-Anzeiger schon automatisch. Gerades deshalb hätten wir ja gerne einen Gastkommentar im Tages-Anzeiger gesehen. Leider wurden wir sowohl vom verantwortlichen Redaktor für Hintergrundberichte, Edgar Schuler, wie auch vom Chefredaktor Arthur Rutishauser abgewiesen. Wir vermuten diese ablehnende Haltung hat mit der Einstellung des Tages-Anzeiger gegenüber dem Süden zu tun. Dass wir zudem als Flughafengegner bezeichnet werden zeigt zudem, dass der Tages-Anzeiger die Thematik und ihr Umfeld nicht verstanden hat.Vielleicht ist an der Zeit, dass unserer Mitglieder dem Tages-Anzeiger ihren Unmut kund tun, sei es mit Briefen oder mit Kündigung des Abos.

Hier der Gastkommentar der eigentlich im Tages-Anzeiger hätte erscheinen sollten:

Lärmpegel im Nationalratssaal und in Schlafzimmern
Gastkommentar von Edi Rosenstein, Geschäftsführer Verein Flugschneise Süd – NEIN

Nationalratspräsident Dominique de Buman liess kürzlich im Nationalratssaal den Lärm messen, um dann Gegenmassnahmen ergreifen zu können, denn im Saal herrsche ein Geräuschpegel wie an einer stark befahrenen Strasse. Ein weiser Entscheid, denn nur wer den Voten der Volksvertreter in Ruhe zuhören kann, ist in der Lage, fundierte Entscheide zu fällen. Wer jedoch während Stunden einem zu hohen Lärmpegel ausgesetzt ist, läuft gemäss einer vom Bundesamt für Zivilluftfahrt in Auftrag gegebenen Studie Gefahr, krank zu werden, insbesondere wenn die Lärmbelastung Menschen vom Schlaf abhält.
Die Debatte um den Fluglärm im Zusammenhang mit dem Flughafen Zürich-Kloten wurde in letzter Zeit in den Medien je nach Standpunkt der schreibenden Person unter Einbezug oder Weglassung von relevanten Fakten geführt. Dabei ginge es doch eigentlich um zwei Themen, die anschauungsneutral, unpolitisch und unpolemisch abgehandelt werden sollten. Auf der einen Seite geht es um die seit Jahren schlafenden Verhandlungen mit Deutschland bezüglich der Anflugroute über das schwach besiedelte Süddeutschland. Unsere Regierung in Bern hat dieses Dossier aus diversen Gründen schubladisiert, anstatt mit klaren Forderungen und mit selbstbewusstem Auftreten dafür zu sorgen, dass die sicherheitsrelevanten Aspekte berücksichtigt werden. Es müsste das kleinkarierte Territorialdenken in einer globalen Welt aufgegeben und der Vernunft zum Durchbruch verholfen werden. Dass der Flughafen, welcher als Home-base einer deutschen Airline dient, die bevölkerungsschonendsten, sicheren Routen nicht nutzen kann, widerspricht jeder Logik und Vernunft. Eigentlich wäre das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) zuständig, um Flugrouten, -zeiten und Ähnliches zu bestimmen. Leider fungiert das BAZL jedoch nicht als Lenkungs- und Aufsichtsorgan über die Luftfahrt, sondern als Handlangerin des Flughafens, indem es seine Wünsche und Anträge fast ausnahmslos erfüllt.
Auf der anderen Seite sind die berechtigten Bedürfnisse nach Sicherheit und Lebensqualität der Bevölkerung im Grossraum um den Flughafen zu berücksichtigen. Dieser verfassungsmässige Anspruch wird seit Jahren mit Füssen getreten, wobei sich sogar der Bundesrat über entsprechende Bundesgerichtsurteile hinwegsetzt. Die jährlich vom Flughafen selbst publizierten Zahlen zur Bevölkerung, welche dem Fluglärm ausgesetzt ist, kennen nur eine Tendenz: nach oben. Der entsprechende Bericht wird seit Jahren von der Regierung brav entgegengenommen und kommentiert - ohne Konsequenzen. Und das, obwohl die Regierung von Gesetzes wegen verpflichtet wäre, „Massnahmen zu ergreifen“, so wie es im Abstimmungstext zum Zürcher Fluglärmindex steht.
Die längst geforderte Anpassung des völlig realitätsfremden LEQ (gemitteltes Lärmmessungsverfahren) wurde nicht mal im Ansatz in Angriff genommen. Die morgendlichen Südanflüge mit 80 dB wecken die betroffene Bevölkerung ab 6 Uhr morgens im 3 Minutentakt, gelten jedoch nicht als Lärm, da sie über 16 Tagesstunden gemittelt werden. Nur massive wirtschaftliche Interessen von einflussreichen Kreisen können solch ein irreales System erdacht und durchgesetzt haben.
Ein gut funktionierender Flughafen ist für Zürich und die Region wichtig, er sollte aber mit Respekt gegenüber der hiesigen Bevölkerung betrieben werden und nicht als Ego-Projekt einiger weniger oder von Nostalgikern, die immer noch ihrer Swissair nachtrauern. Dank der Hub-Funktion sind zwar viele Destinationen mit Non-Stop-Flügen erreichbar, wovon die hiesige Bevölkerung wegen den hohen Preisen für Direktflüge aber kaum Gebrauch macht und der wirtschaftliche Ertrag als marginal bezeichnet werden muss.
Im Schutzkonzept für den Flughafen Zürich vom Januar 2018 werden 72 dB als Massstab für bauliche Schallschutzmassnahmen vorgegeben. Wenn 70 dB im Nationalratssaal für Politiker nach Gegenmassnahmen rufen, dann sollten 80 dB für rund 230‘000 schlafende Frauen, Kinder und Männer in der Südschneise nach ebensolchen schreien.

VFSN, 02.02.2018