Der Weg zum sauberen Fliegen (Leserbriefe NZZ)

Publiziert von VFSNinfo am
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Wer zu früh kommt, den bestraft es auch. So etwa, wenn man sich schon heute auf Technologien verlässt, die erst morgen – vielleicht – verfügbar sein werden. Natürlich ist es toll, dass die Arbeiten an solar produziertem CO2-neutralem Treibstoff mit Hochdruck vorangetrieben werden («Fliegen muss sauber werden», NZZ 4. 2. 20). Aber noch weiss niemand, wann, in welchen Mengen und zu welchem Preis dieser Kerosinersatz verfügbar sein wird. Die involvierten Firmen veröffentlichen schöne Bilder und optimistische Statements, aber keine konkreten Resultate. Die Forschung soll natürlich fortgesetzt werden. Vorderhand ist jedoch eine Mässigung bei der Fliegerei unumgänglich.
Daniel Heierli, Zürich, Kantonsrat Grüne

Im Beitrag über «sauberes Fliegen» heisst es, zur Synthese von Kerosin müsse CO2 aus der Luft verwendet werden, um nachhaltigen Treibstoff herzustellen. Für die Gewinnung einer Tonne CO2 aus der Luft benötigt das System der Firma Climeworks zirka 3200 Kilowattstunden (kWh) Energie. Nutzt man dieselbe Menge CO2 aus der Verbrennung von Erdgas (Abgas), so gewinnt man 5000 kWh Energie. Erdgas wird in den nächsten paar Jahrzehnten noch in grossen Mengen verbrannt werden. Da wäre die Nutzung dieser Abgase wahrscheinlich sehr viel ökologischer und ökonomischer als die Gewinnung von CO2 aus der Luft. Der Effekt des CO2Entzugs aus der Luft oder die Nebenwirkungen von Sonnenwärmekraftwerken werden zudem komplett ausgeblendet. Die im besprochenen Beitrag verwendete Logik entspricht der heute gängigen Argumentationsweise in Energieund Klimadiskussionen. Da kann ich nur sagen: «Ist es doch Unsinn, so hat es doch Methode!»
Roland Wyss, Frauenfeld

Was bringen dem Klima Flugticketabgaben, Kerosinbesteuerung und Kontingente für Flugreisen, solange sie nicht zu weniger Flugbewegungen führen? Es wird versucht, dem Problem über die Steuerung der Nachfrage zu begegnen. Das ist aber weitgehend eine Illusion. Dabei wäre es regulatorisch wie auch betriebswirtschaftlich durchaus machbar, nicht bei der Nachfrage, sondern beim Angebot anzusetzen: Reduzierte Flugbewegungen führen zu höheren Ticketpreisen. Fliegen wäre weniger attraktiv und für die Flugindustrie profitabler. Ökologisch wie auch volkswirtschaftlich hätten wir also eine Win-win-Situation.
Reto Agustoni, Gockhausen

Wer behauptet, dass mit Solarenergie irgendwann CO2-neutrales, bezahlbares Flugbenzin produziert werden könne, sollte ein paar kleine Rechnungen machen. Erstens: Wie sieht die Rechnung aus, wenn ohne fossile Mittel Solarpanels hergestellt werden? Antwort: utopisch. Zweitens: Wie sieht die Rendite von Anlagen zur Herstellung des Flugbenzins aus, wenn die Anlagen 10 Prozent Volllaststunden haben (Schweiz) oder vielleicht 20 Prozent (Süden)? Antwort: traurig. Das klimaneutrale Flugbenzin wird hingegen realistisch mit Kernkraft, insbesondere mit Hochtemperaturreaktoren. Die laufen ständig, und mit ihnen laufen dann die Anlagen zur Herstellung des Flugbenzins ständig und voll ausgelastet. Und so wird es auch kommen. Bereits verhandeln Firmen in Estland, Polen und Tschechien über die Serienherstellung von modernen Reaktoren und deren Anwendung, während wir uns auf die Schultern klopfen, wenn mit ein paar Spiegeln auf einem ETH-Institut drei Tropfen Treibstoff gemacht werden.
Laurenz Hüsler, Egg

NZZ, 12.02.2012, Seite 9