Der Entscheid des Bundesrats für den Südabflug geradeaus bei Bise und Nebel sorgt beim Fluglärmforum Süd, bei der Stiftung gegen Fluglärm und dem Verein Flugschneise Süd-NEIN für grosse Enttäuschung.
Die Reaktionen auf den Entscheid aus Bern fallen bei den drei regionalen Interessenverbänden, welche die Anliegen der Gemeinden und Städte im Süden des Flughafens vertreten, heftig aus. «Der Bundesrat fährt mit der Dampfwalze über eine ganze Region und stellt sich damit nicht nur gegen uns, sondern auch gegen den Regierungsrat des Kantons Zürich», erklärt Lothar Ziörjen, Präsident des Fluglärmforums Süd und Stadtpräsident von Dübendorf.
Offensichtlich, so Ziörjen, habe der Bundesrat keine politische Güterabwägung gemacht: Die Chancen für den Flughafen, bei den geplanten Pistenverlängerungen eine Mehrheit des Zürcher Stimmvolks zu gewinnen, seien stark gesunken.
Der Ball liegt beim Flughafen
Das Fluglärmforum Süd hat sich zusammen mit dem Zürcher Regierungsrat vehement gegen die Verankerung von Südabflügen geradeaus eingesetzt. Ohne Erfolg, denn der Bundesrat rechnet mit bis zu 13\'000 Südabflügen pro Jahr. Dies führt im Süden zu einer Zusatzbelastung. Die Südanflüge am Morgen und Abend entfallen deswegen nicht. Das Fluglärmforum Süd will den Entscheid des Bundesrats nun analysieren und entsprechende weitere Schritte prüfen. Ziörjen hofft, dass der Flughafen spätetens bei der Anpassung des Betriebsreglements auf die Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung Rücksicht nimmt und die Umsetzung der Südabflüge geradeaus nicht beantragt.
Von einem «Totalversagen der Schweizer Politik und einem Verrat an der Bevölkerung» spricht Adolf Spörri, Präsident der Stiftung gegen Fluglärm. Es sei unverständlich, dass der Bundesrat den Tiefflug über die Dächer Zürichs und vieler Gemeinde zulasse und Alternativen dazu nicht gewürdigt habe, schreibt im gleichen Atemzug Matthias Dutli, Präsident des Vereins Flugschneise Süd-NEIN. Beide Präsidenten teilen die Auffassung, dass alleine die Politik der Gewinnmaximierung des Deutschen Lufthansa-Konzerns mit seinen Schweizer Tochtergesellschaften, darunter die SWISS, zu diesem Zustand geführt habe. Gar einen Aufstand der Zürcher Bevölkerung befürchtet Dutli, sollten die Südstarts tatsächlich eingeführt werden. Im letzteren Fall fordert er ein engmaschiges Monitoring durch den Kanton, damit das neue Konzept ausschliesslich bei den präzise definierten, messbaren und nachvollziehbaren Bise- und Nebelwerten zur Anwendung kommt. Zudem wären Übertretungen mit nachhaltigen Massnahmen zu ahnden.
Im Osten ist man unter Vorbehalt zufrieden
Der Osten begrüsst die Aufnahme von Südstarts geradeaus, wie die Behördenorganisation Region Ost schreibt. Dass aber Letztere nicht zusätzlich zwischen 10 und 14 Uhr für sowieso nach Süden startenden Langstreckenflugzeuge aufgenommen werden, bedauert die Region. Ebenfalls Mühe bekundet die Organisation mit der Tatsache, dass der Bundesrat die Genehmigung des Betriebs auf verlängerten Pisten 28 und 32 mit Sicherheitsbemühungen begründet. «Wir wehren uns nach wie vor gegen eine Verlängerung der Piste 28, weil wir befürchten, dass an das Ostkonzept mit Anflügen von Osten häufiger eingesetzt wird als heute», betont die Präsidentin Barbara Günthard-Maier.
Keine Lösung für Kapazitätsengpässe
Das Komitee Weltoffenes Zürich sieht die Chance für die langfristige Sicherung des «Schweizer Tors zur Welt» vertan, wie ihr Vizepräsident Thomas O. Koller in einem Communiqué schreibt. Erhofft hat sich das Komitee nicht zuletzt auch Abflüge in Richtung Süden über die Mittagszeit. Ohne diese Option sei die Befriedigung der wachsenden Nachfrage nach interkontinentalen Direktverbindungen über kurz oder lang infrage gestellt. Immerhin wird mit Genugtuung festgehalten, dass der Bundesrat mit seinem heutigen Entscheid einige drängende Fragen der Gegenwart gelöst habe.
Auch Pro Flughafen bedauert, dass dass angepasste SIL-Objektblatt keinerlei mittel- und langfristige Entwicklungsmöglichkeiten für den Flughafen Zürich schaffe. Weiterhin bleibe unbeantwortet, ob und wie der aktuelle und künftige Bedarf nach Flugverbindungen von und nach Zürich abgedeckt werden kann und soll.